Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 144
Der Geschäftswert ist – vereinfacht ausgedrückt – die Differenz zwischen dem Ertragswert eines Unternehmens und dem Substanzwert (= Zeitwert sämtlicher Vermögensgegenstände nach Abzug der Schulden). Liegt ein Mehrwert (= positiver Geschäftswert) vor, spiegeln sich darin die nicht aktivierungsfähigen wirtschaftlichen Vorteile wider.
Beispiele
Kundenstamm, Qualität der Mitarbeiter, Vertrauen in die Unternehmensleistung, Standortvorteile, Ansehen des Unternehmens oder Konkurrenzsituationen
Die genannten wertbildenden Faktoren sind unwägbar, weshalb die Aktivierung eines selbst geschaffenen (originären) Geschäftswertes nicht erfolgen darf (vgl. §§ 246 Abs. 1 Satz 4, 248 Abs. 2 Satz 2 HGB). Anders ist die Situation, wenn ein Unternehmen veräußert wird. Der Käufer darf die entgeltlich erworbenen materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände höchstens zu Zeitwerten und die (gewissen oder ungewissen) Schulden einschließlich Rechnungsabgrenzungsposten mit ihrem Zeitwert ansetzen. Ergibt sich danach eine positive Differenz zwischen vereinbartem Kaufpreis und dem Saldo der zu Zeitwerten angesetzten Aktiva und Passiva, stellen die verbleibenden Anschaffungskosten einen sog. derivativen (entgeltlich erworbenen) positiven Geschäftswert dar.
Nach handelsbilanzrechtlichem Verständnis wird der entgeltlich erworbene Geschäftswert gem. § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand fingiert. Er unterliegt somit dem Vollständigkeitsgebot. Das bisherige Aktivierungswahlrecht des § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB a.F. ist durch das BilMoG (näher Rdn 53) abgeschafft worden. Auf den Geschäftswert sind die allgemeinen Bewertungsvorschriften der §§ 252 ff. HGB anzuwenden, d.h. insb., dass er einer gewöhnlichen Abnutzung unterliegt. Eine Nutzungsdauer gibt das Gesetz zwar nicht vor, jedoch sind im Anhang Erläuterungen zur Nutzungsdauer zu machen (§ 285 Nr. 13 HGB). Wird ein Gleichlauf von Handels- und Steuerbilanz angestrebt, so ist § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG zu beachten, wonach der Geschäftswert steuerrechtlich grds. auf 15 Jahre abzuschreiben ist.
Rz. 145
Theoretisch ist auch ein sog. negativer Geschäftswert denkbar, wenn nämlich der von dem Erwerber für das Unternehmen gezahlte Kaufpreis mangels ausreichender Rentabilität des Unternehmens unterhalb des Saldos der zum Zeitwert angesetzten Vermögensgegenstände nach Abzug der Schulden liegt. In der Praxis wird bislang ein sog. negativer Geschäftswert allerdings nicht anerkannt.