Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 270
Unterschiede zwischen einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft bzw. einer Beteilung an einer Personengesellschaft/einer einzelunternehmerischen Tätigkeit können sich auch bei Veräußerung der Beteiligung/des Einzelunternehmens ergeben.
Grds. unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft bzw. eines Einzelunternehmens in Gänze der Einkommensteuer unter Anwendung des regulären Steuertarifs. Bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen (vgl. Rdn 314) kann eine natürliche Person einmal im Leben für eine Betriebsveräußerung einen ermäßigten Steuersatz (56 % des durchschnittlichen regulären Steuersatzes) in Anspruch nehmen (begrenzt auf eine Bemessungsgrundlage von max. 5 Mio. EUR). Für Veräußerungsgewinne kleiner EUR 181.000,00 EUR ist ferner ein Freibetrag möglich (vgl. Rdn 313). Für die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch eine natürliche Person gilt bei einer Beteiligung ab 1 % das sog. Teileinkünfteverfahren, d.h. 40 % des Veräußerungsgewinns werden nicht zur Besteuerung herangezogen. Dies erscheint zunächst ähnlich günstig wie die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes bei der regulären Betriebsveräußerung.
Allerdings ist zu beachten, dass Erwerber in der Regel bereit sind, für den Erwerb eines Einzelunternehmens bzw. eines Personengesellschaftsanteils einen höheren Preis zu bezahlen als für den Erwerb eines ansonsten "gleichwertigen" Anteils an einer Kapitalgesellschaft. Hintergrund ist, dass der Erwerber eines Einzelunternehmens bzw. eines Personengesellschaftsanteils den vergüteten Kaufpreis (bzw. die dahinterstehenden, ggf. anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter) in der Regel in den Folgejahren mit steuerlicher Wirkung abschreiben kann und daraus erhebliche Steuerentlastungen in der Zukunft erzielt. Eine planmäßige, steuerwirksame Abschreibung ist bei Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft demgegenüber grds. nicht möglich.
Rz. 271
In der Praxis wird für anstehende Unternehmensveräußerungen häufig angestrebt, Anteile an einer operativ tätigen Kapitalgesellschaft zu veräußern, die von einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft gehalten werden ("Doppelstockstruktur"). Dies eröffnet die Möglichkeit, dass die zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der operativ tätigen Kapitalgesellschaft zunächst nach § 8b KStG im Ergebnis zu 95 % steuerfrei vereinnahmt und den Erlös anschließend reinvestiert bzw. erst sukzessive je nach Bedarf des Anteilseigners unter Anwendung der Abgeltungsteuer an den Anteilseigner ausschüttet.