Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 475
Gegenstand der folgenden Erläuterung sind die Umwandlungen von Kapital- in Personengesellschaften und umgekehrt. Zu den gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen s. ausführlich § 14 Rdn 1 ff.
1. Formwechsel und Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ein Personenunternehmen
a) Formwechsel
aa) Rechtsgrundlagen
Rz. 476
Die zivilrechtliche Sichtweise, nach der es bei einem Formwechsel nur zu einem Wechsel des Rechtskleides ohne Vermögensübertragung kommt, übernimmt das Ertragssteuerrecht nicht. § 9 Abs. 1 Satz 1 UmwStG regelt, dass für den Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft die §§ 3–7 UmwStG Anwendung finden. Durch diesen Verweis wird ein Vermögensübergang fingiert. Die unterschiedliche Behandlung im Zivil- und Steuerrecht folgt daraus, dass Kapitalgesellschaften einem anderen Besteuerungsregime als Personengesellschaften unterliegen (Trennungsprinzip auf der einen, Transparenzprinzip auf der anderen Seite). Würde es nicht zu einem fingierten Vermögensübergang im Steuerecht kommen, könnten die vormals in der Kapitalgesellschaft thesaurierten Gewinne steuerfrei entnommen werden. Bei einer Entnahme aus einer Personengesellschaft fällt keine Ausschüttungs-/Abgeltungsteuer an. Bei einem Formwechsel in eine zur Körperschaftsteuer optierende Personengesellschaft / Verschmelzung auf eine zur Körperschaftsteuer optierende Personengesellschaft gelten diese Grundsätze nicht. Dann gelten die Regelungen für Umwandlungen unter Kapitalgesellschaften (Formwechsel als "Nichtsakt"; Verschmelzung nach §§ 11 ff. UmwStG). Die vorstehenden Grundsätze betreffen den Grundfall, dass die übernehmende Personengesellschaft bzw. die aus dem Formwechsel hervorgehende Personengesellschaft transparent besteuert ist. Bei Umwandlungen auf zur Körperschaftsteuer optierende Personengesellschaften gelten die Grundsätze für Umwandlungen von Kapitalgesellschaften auf Kapitalgesellschaften, wobei Einzelheiten noch nicht abschließend geklärt bzw. bei Redaktionsschluss noch im Gesetzgebungsverfahren sind. Im Folgenden wird im Interesse der Klarheit nicht weiter differenziert, sondern die Darstellung beschränkt sich auf den Grundfall, dass die übernehmende Personengesellschaft bzw. die aus dem Formwechsel hervorgehende Personengesellschaft transparent besteuert ist.
Rz. 477
Steuerlich treten Rechtsfolgen insbesondere auf der Ebene der übertragenden Kapitalgesellschaft und auf der Ebene des übernehmenden Rechtsträgers (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) bzw. der Gesellschafter der umgewandelten Kapitalgesellschaft auf. Der Formwechsel ist zivilrechtlich nur von der Kapital- in eine (betriebliche oder vermögensverwaltende) Personengesellschaft, nicht aber in ein Einzelunternehmen möglich. Die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in ein einzelkaufmännisches Unternehmen kann demgegenüber nur durch Verschmelzung erreicht werden.
bb) Behandlung des Formwechsels bei der Kapitalgesellschaft
Rz. 478
Handelsrechtlich ist wegen des Formwechsels als identitätswahrende Umwandlung kein Abschluss auf den Zeitpunkt des Formwechsels notwendig. Demzufolge sieht § 9 Satz 2 UmwStG abweichend von den Rückwirkungsregelungen bei Verschmelzungen in § 2 UmwStG vor, dass für steuerliche Zwecke der Formwechsel auf einen Stichtag zurückbezogen werden kann, der höchstens 8 Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister liegt. Im Handelsrecht gilt diese steuerliche Rückwirkung hingegen nicht. Das steuerliche rückwirkende Entstehen der Personengesellschaft wird nach § 9 Satz 3 UmwStG fingiert. Dies gilt unabhängig von den gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen. Der übernehmende Rechtsträger muss zum Zeitpunkt des steuerlichen Übertragungsstichtag zivilrechtlich noch nicht existent sein. Auch braucht die spätere Komplementär-GmbH zum steuerlichen Übertragungsstichtag noch nicht zu existieren.
Rz. 479
Die übertragende GmbH hat die ihr gehörenden Wirtschaftsgüter zum steuerlichen Übertragungsstichtag grds. mit dem gemeinen Wert anzusetzen (vgl. § 3 Abs. 1 UmwStG). Allerdings lässt § 3 Abs. 2 UmwStG abweichend auf Antrag einen Ansatz der Wirtschaftsgüter mit dem Buch- oder einem Zwischenwert zu. Damit wird auf Unternehmensebene Steuerneutralität erreicht. Das Wahlrecht wird ausgeübt, indem die übertragende GmbH in der umwandlungssteuerrechtlichen Übertragungsbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag das übergehende Betriebsvermögen mit dem gewünschten Wert ausweist und vorsorglich aus Dokumentationsgründen auch einen schriftlichen Antrag stellt. Die Buchwertfortführung verlangt gem. § 3 Abs. 2 UmwStG, dass von der entstehenden Personengesellschaft keine Gegenleistung gewährt wird oder die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft nur Gesellschaftsrechte (Gutschriften auf Kapitalkonten im steuerlichen Sinne) erhalten.
Rz. 480
Die Körperschaftsteeur- und Gewerbesteuerpflicht der formgewechselten Einheit endet am steuerlichen Üb...