Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 227
Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften ohne Vollhaftung einer natürlichen Person unterliegen einer gesetzlichen Pflicht zur Offenlegung, Veröffentlichung und Vervielfältigung von Jahresabschluss und Lagebericht sowie von Konzernabschluss und Konzernlagebericht (§§ 325–329 HGB). Bei börsennotierten Aktiengesellschaften muss auch die Erklärung zum Corporate Governance Kodex offengelegt werden. Seit dem BilRUG (näher Rdn 54) setzt eine ordnungsgemäße Offenlegung die Einreichung geprüfter und festgestellter bzw. gebilligter Jahresabschlüsse voraus. Dies gilt entsprechend für Unternehmen, die den Vorschriften des Publizitätsgesetzes unterliegen (§§ 9, 15 PublG), für Genossenschaften (§ 339 HGB), für Kreditinstitute (§ 340i HGB), für Versicherungsunternehmen (§ 341j HGB) und für inländische Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland (§ 325a HGB). Umfang und Art der gesetzlichen Pflicht sind abhängig von der Größe der Gesellschaft in dem Geschäftsjahr, auf das sich die offenlegungspflichtigen Unterlagen beziehen. Bzgl. des Umfangs werden kleinen und mittelgroßen Gesellschaften Erleichterungen gewährt (§ 325 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. §§ 326 ff. HGB). Kleinstkapitalgesellschaften können wählen, ob sie der Offenlegungspflicht des § 325 HGB nachkommen, indem sie die Rechnungsunterlagen durch Bekanntmachung veröffentlichen oder aber die Bilanz beim Unternehmensregister elektronisch hinterlegen (§ 326 HGB). Interessierte Dritte können in diesem Fall eine Abschrift der Bilanz verlangen.
Für die Durchführung der Offenlegung sind bei der AG die Vorstandsmitglieder, bei der GmbH die Geschäftsführer und bei der KGaA die persönlich haftenden Gesellschafter verantwortlich. Bei den einbezogenen Personenhandelsgesellschaften gelten die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs der vertretungsberechtigten Gesellschaft als gesetzliche Vertreter (§ 264a Abs. 2 HGB). Die das Unternehmensregister führende Stelle unterzieht die eingereichten Unterlagen einer ausschließlich auf formelle Richtigkeit bezogenen Prüfung (§ 329 Abs. 1 HGB). Der Jahresabschluss ist spätestens eine Jahr nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahres offenzulegen (§ 325 Abs. 1a Satz 1 HGB). Die Tatsache, dass nun festgestellte bzw. gebilligte Jahresabschlüsse eingereicht werden müssen, dürfte in der Praxis vermehrt zu Problemen führen, da die gängige Praxis, den Bestätigungs- bzw. Versagungsvermerk nach Ablauf der Offenlegungsfrist nachzureichen, nun nicht mehr (sanktionsfrei) möglich ist.
Rz. 228
Jährlich werden in etwa 35.000 Fällen Ordnungsgelder wegen nicht rechtzeitig erfolgter Offenlegung von Jahresabschlüssen verhängt. Davon sind auch die durch das BilMoG geschaffenen Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB) betroffen. Zwischenzeitlich fand insofern keine Differenzierung nach der Größe des Unternehmens statt. Inzwischen hat der Gesetzgeber mit dem "Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs" vom 4.10.2013 nachgebessert. Das Gesetz hat die Senkung der Ordnungsgelder für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB) zum Gegenstand. Ferner ist nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgesehen. Schließlich steht den Beteiligten gem. § 335a Abs. 3 HGB eine neue gerichtliche Instanz offen: Gegen Entscheidungen des Landgerichts (nach geltendem Recht ist dies das LG Bonn; vgl. § 335a Abs. 2 Satz 1 HGB) über die Beschwerde gegen die Festsetzung von Ordnungsgeld ist dann die Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht statthaft.
Rz. 229
Rechtstechnisch hat sich der Gesetzgeber nicht etwa dazu entschieden, den Mindestbetrag für Kleinstkapitalgesellschaften generell zu senken. Es bleibt vielmehr im Ausgangspunkt dabei, dass der Mindestbetrag gem. § 335 Abs. 1 Satz 4 HGB unabhängig von der Unternehmensgröße 2.500 EUR beträgt. In mindestens dieser Höhe wird das Ordnungsgeld gem. § 335 Abs. 3 HGB angedroht. Die Festsetzung erfolgt gem. § 335 Abs. 4 Satz 1 HGB, wenn die Beteiligten nicht spätestens sechs Wochen nach dem Zugang der Androhung der Offenlegungspflicht entsprochen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gerechtfertigt haben. Allein für den Fall, dass die Kleinstkapitalgesellschaft ihrer Offenlegungspflicht nach Ablauf der Sechswochenfrist i.S.d. § 335 Abs. 4 Satz 1, 2 HGB nachkommt, hat gem. § 335 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HGB das Bundesamt für Justiz das Ordnungsgeld auf 500 EUR herabzusetzen. Der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, ob dies auch noch nach der Festsetzung zu geschehen hat oder ein einmal festgesetztes Ordnungsgeld nicht mehr herabgesetzt werden kann. Die Gesetzesbegründung spricht für Letzteres. § 335 Abs. 4 Satz 3 HGB ("Bei der Herabsetzung sind nur Umstände zu berücksichtigen, die vor der Entscheidung des Bundesamtes eingetreten sind.") stelle klar, dass die Herabsetzung nur bis zur Entscheidung des Bundesamtes in Betracht komme. Blieben die Beteiligten nach Fristablauf weiter untätig, bis das Bundesamt die Festset...