Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 311
Eine Veräußerung des ganzen Betriebs nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt vor, wenn der Betrieb mit seinen wesentlichen Grundlagen gegen Entgelt auf einen Erwerber übertragen wird. Dieselben Kriterien gelten auch für Teilbetriebe. Der infolge der Veräußerung entstandene Gewinn ist nur dann nach den nachstehenden Begünstigungsmöglichkeiten (vgl. Rdn 313 f.) begünstigt, wenn alle im Betrieb vorhandenen stillen Reserven durch die Veräußerung zusammengeballt aufgedeckt werden. Behält der bisherige Betriebsinhaber Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, zurück, liegt eine steuerbegünstigte Betriebsveräußerung nicht vor; ein etwaiger Veräußerungsgewinn ist in einem solchen Fall als laufender Gewinn zu erfassen.
Rz. 312
Der Veräußerung eines Betriebs/Teilbetriebs gleichgestellt ist die Aufgabe. Unter Betriebsaufgabe wird die Veräußerung des Betriebsvermögens unter "Zerschlagung" des Betriebs einschließlich der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen verstanden. Die Aufgabe einer betrieblichen Einheit ist auch dann noch begünstigt, wenn sie zeitlich gestreckt über eine Frist von bis zu 18 Monaten erfolgt. Insofern liegt immer noch ein einheitlicher, begünstigter Vorgang im Sinne der §§ 16, 34 EStG vor.
Rz. 313
Mit der Gewährung eines Freibetrages (§ 16 Abs. 4 EStG) i.H.v. bis zu 45.000,00 EUR werden Aufgabe-/Veräußerungsgewinne steuerlich entlastet und damit die Versorgung des Veräußerers erleichtert. Der Freibetrag kann in Anspruch genommen werden, wenn der Betriebsveräußerer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dauernd erwerbsunfähig ist (§ 16 Abs. 4 EStG). Der Freibetrag schmilzt ab, soweit der Aufgabe-/Veräußerungsgewinn 136.000,00 EUR übersteigt. Dementsprechend kann bereits ab einem Veräußerungs-/Aufgabegewinn von 181.000,00 EUR kein Freibetrag mehr in Anspruch genommen werden.
Rz. 314
Zudem kann der Veräußerungsgewinn mit 56 % des Durchschnittssteuersatz gem. § 34 Abs. 3 EStG versteuert werden, wenn die o.g. Voraussetzungen vorliegen. Die Anwendung desreduzierten Steuersatzes ist aber auf Gewinne bis zu 5 Mio. EUR begrenzt. Diese Begünstigung kann nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus findet der reguläre Einkommensteuertarif Anwendung.
Bei der Beurteilung, ob begünstigte Vorgänge i.S.v. § 16 Abs. 4 und § 34 EStG vorliegen, ist die sog. Gesamtplanrechtsprechung des BFH zu berücksichtigen. Eine im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Übertragung bzw. Überführung einer wesentlichen Betriebsgrundlage zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 EStG schließt die Inanspruchnahme der § 16 Abs. 4 EStG und § 34 EStG aus.