I. Zielrichtung und Ausgestaltung
1. Allgemeines
Rz. 46
Eine allgemeine Definition von Auskunft kennt das BGB nicht. In Rechtsprechung und Literatur wird hervorgehoben, dass Auskunft ihrem Wesen nach Aufklärung bedeutet. Stets geht es darum, "Unklarheiten zu beseitigen, für Aufklärung zu sorgen und wahrheitsgemäß zu antworten". Ein Auskunftsanspruch kann aber verschiedene Ziele verfolgen. Von der Zielrichtung hängt dann die Reichweite des Auskunftsanspruchs ab, also die geschuldete Auskunfts- bzw. Rechnungslegungstiefe. Das ist bei jeder Rechtsgrundlage gesondert zu betrachten und nach den Grundsätzen der Zumutbarkeit zu bestimmen. Nach Inhalt und Umfang des konkreten Auskunftsanspruchs richten sich dessen Rechtsfolgen. Neben der Auskunft als reine Wissenserklärung kommen folgende Rechtsschutzziele in Betracht:
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Wertermittlung |
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Belegvorlage. |
2. Wissenserklärung
Rz. 47
Im Fokus steht immer die Weitergabe von Wissen, wobei sich Umfang und Qualität jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten, wie z.B. der Bezifferung einer Geldforderung oder der Bezeichnung herauszugebender Gegenstände. Einer lediglich verneinenden Erklärung kommt deshalb nur ausnahmsweise Auskunftsqualität zu.
3. Wertermittlung
Rz. 48
Zunächst steht Pflichtteilsberechtigten gegen Erben im Rahmen von § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf Wertermittlung zu. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs bzw. eine analoge Anwendung auf das Verhältnis zwischen pflichtteilsberechtigten Nichterben bzw. Erben einerseits und Beschenkten andererseits kommt nach der BGH-Rechtsprechung nicht in Betracht. Ein Anspruch auf Wertermittlung kann sich nach dem BGH allenfalls aus § 242 BGB ergeben, wenn der Pflichtteilsberechtigte auch deren Kosten trägt:
Zitat
"Der pflichtteilsberechtigte Erbe, der den vom Erblasser Beschenkten auf Pflichtteilsergänzung in Anspruch nimmt, kann gegen diesen einen Anspruch auf Wertermittlung aus § 242 BGB haben; auf Kosten des Beschenkten kann die Wertermittlung aber nicht verlangt werden. (…) Wie der Senat durch Urteil vom 19.4.1989 inzwischen entschieden hat (BGHZ 107, 200), haftet der (zuletzt) Beschenkte in den Fällen des § 2329 BGB mit dem Erlangten nur bis zur Höhe des Fehlbetrages im Sinne von § 2329 Abs. 2 BGB; der früher Beschenkte haftet nur bis zur Höhe des Fehlbetrages im Sinne von § 2329 Abs. 3 BGB. Damit ist die den Beschenkten gesetzte Opfergrenze erreicht; mehr brauchen sie von dem Geschenk, das sie ja mit Rechtsgrund in Händen halten, nicht wieder herauszugeben, auch nicht zur Deckung kostspieliger Ermittlungen oder Auskünfte im Interesse von Pflichtteilsberechtigten. Das kann bei einem Wertermittlungsanspruch, der auf § 242 BGB gestützt ist, nicht anders sein als im Rahmen von § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB. Davon aus Billigkeitsgründen im Einzelfall abzugehen, erscheint nicht gerechtfertigt. Unter diesen Umständen muss die Klage, soweit sie auf Wertermittlung gerade auf Kosten des Beklagten gerichtet ist, abgewiesen werden. (…)"
Indessen wünscht die Klägerin ausdrücklich, dass ihr der Wertermittlungsanspruch notfalls – über den Nachlass – auch auf eigene Kosten zugesprochen werde. Dieses Begehren ist begründet (§ 242 BGB). Bei Anwendung der Grundsätze, die für den "allgemeinen" Auskunftsanspruch aus § 242 BGB gelten und die im Anschluss an FamRZ 1985, 1249 auch hier anzuwenden sind, muss diesem Begehren entsprochen werden. Wie der II. Zivilsenat [NJW 1986, 127 = FamRZ 1985, 1249] zutreffend ausgeführt hat, bringt das Rechtsverhältnis zwischen dem pflichtteilsberechtigten Erben und dem Beschenkten es mit sich, dass der Berechtigte unverschuldet selbst dann keine Gewissheit über Bestehen und Umfang seines Rechts auf Pflichtteilsergänzung gewinnen kann, wenn er alle pflichtteilsrelevanten Schenkungen kennt; denn sein Recht ist entscheidend von dem Wert der Zuwendungen bestimmt. Selbst wenn ihm Bilanzen und andere Geschäftsunterlagen vorliegen, wird er seine Pflichtteilsergänzung vielfach nicht berechnen können, weil er daraus die für die Bewertung besonders bedeutsamen stillen Reserven und die Ertragskraft des Unternehmens nicht vollständig erschließen kann. Deshalb ist ein schützenswertes Interesse des Pflichtteilsberechtigten daran anzuerkennen, dass der Wert der verschenkten Gegenstände sachverständig und objektiv ermittelt wird. Demgemäß ist es in solchen Fällen grundsätzlich gerechtfertigt, ihm einen Anspruch auf Ermittlung des Wertes an den maßgebenden Stichtagen (§ 2325 Abs. 2 BGB) einzuräumen.“
Rz. 49
In Konstellationen nach § 1371 Abs. 2 und 3 BGB folgt ein Wertermittlungsanspruch aus § 1379 BGB. Grundsätzlich ist es an dem Auskunftsschuldner, die begehrte Wertermittlung selbst durchführen. Einen Sachverständigen muss er lediglich ausnahmsweise hinzuziehen, wenn eine zuverlässige Bewertung sonst nicht möglich ist.