1. Antragsformulierung
Rz. 75
Auf Erteilung von Informationen, z.B. durch Auskunfts- oder Rechnungslegungsklage, abzielende Anträge müssen dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen. Wird trotz Hinweises kein hinreichend bestimmter Antrag gestellt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen, selbst wenn der Beklagte sich hierauf rügelos einlässt.
Rz. 76
Vor allem wenn Auskunft über den Bestand bzw. die Herausgabe von Vermögen (Nachlass) oder einzelner Nachlassgegenstände begehrt wird, bereitet die Formulierung eines bestimmten Auskunftsantrags gelegentlich Probleme. Dann ist eine sinnvolle Auslegung durch das Gericht angezeigt. Wie bei materiellrechtlichen Willenserklärungen ist bei Prozesserklärungen (z.B. Klageantrag) nicht am buchstäblichen Wortlaut der Erklärung festzuhalten. Im Zweifel ist gewollt, "was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht". Daher ist für die Auslegung eines Klageantrags das sonstige Vorbringen, auf das sich die Klage stützt, mithin auch die Begründung, heranzuziehen.
2. Regelfall: Stufenklage
Rz. 77
Bei der Auskunfts- und ggf. Rechnungslegungsklage handelt es sich um eine Leistungsklage. Isoliert werden diese Verfahren in der Praxis eher selten geführt. Oftmals werden die Klagen als Teil einer Stufenklage erhoben, § 254 ZPO. Gelegentlich kann eine isolierte Informationsklage aber vorzugswürdig sein. Sind wesentliche Informationen zum Nachlass ohnehin bereits bekannt, kommt im Einzelfall sogar unmittelbar die Erhebung einer Zahlungsklage in Betracht.
Rz. 78
Immer ist eine erbrechtliche Risiko-Nutzen-Analyse im konkreten Fall erforderlich. Als Vorteile einer Stufenklage kommen dabei insbesondere in Betracht ihre
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verjährungshemmende Wirkung, da der Hauptanspruch bereits mit Erhebung der Stufenklage rechtshängig wird |
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kostenmäßige Privilegierung (§ 44 GKG). |
Rz. 79
Als mögliche Nachteile einer Stufenklage sind dagegen oft zu berücksichtigen:
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Kostenrisiko bei nicht werthaltigem Nachlass |
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(drohende) langjährige Verfahrensdauer und hierdurch bedingt |
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mangelnde Wirtschaftlichkeit. |
Rz. 80
Hinweis
Gegenstand der vorbereitenden, isolierten Klage sind zwar "bloße" Auskunfts- oder Rechnungslegungsansprüche. Trotzdem sind die Gerichte in aller Regel bereit, auf eine Befriedung der ganzen Auseinandersetzung hinzuwirken und insoweit Vergleichsgespräche zu moderieren. Kommt es zu einem umfassenden Vergleich, ist dies ein Mehrvergleich.
Rz. 81
Die Stufenklage kann sowohl als Leistungsklage als auch als Stufenfeststellungsklage erhoben werden, vor allem bei der Erbenfeststellung, wenn sowohl die Feststellung des Erbrechts begehrt wird als auch Auskunft über den Nachlass und dessen Herausgabe. In den einzelnen Stufen sind dann folgende Anträge zu stellen:
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1. Stufe: Antrag auf Erbenfeststellung |
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2. Stufe: Antrag auf Auskunftserteilung |
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3. Stufe: Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, sofern ein Anspruch hierauf besteht (§§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB) |
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4. Stufe: Antrag auf Belegvorlage – soweit gegeben – |
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5. Stufe: Antrag auf Zahlung eines vorläufig unbezifferten Geldbetrags oder auf Herausgabe von Gegenständen, die noch nicht exakt bezeichnet sind. |
Rz. 82
Die einzelnen Stufen sind prozessual selbstständige Teile eines einheitlichen Verfahrens. Dabei dienen die vorgeschalteten Stufen als Hilfsmittel für den Hauptanspruch. Ganz gleich, welche Stufen kombiniert werden – über jede Stufe ist gesondert zu verhandeln (§ 128 Abs. 1 ZPO) und jeweils ist durch Teilurteil zu entscheiden (§ 301 ZPO). Erst wenn das Urteil der aktuellen Stufe rechtskräftig geworden ist, kann in die nächste Stufe übergeleitet werden. Beide Parteien können beantragen, zur nächsten Stufe überzuleiten.
Rz. 83
Hinweis
Die 3,0-Verfahrensgebühr nach KV 1210 GKG ermäßigt sich nach KV 1211 GKG auf eine 1,0-Gebühr, wenn das Verfahren durch gerichtlichen Vergleich beendet wird. Die Ermäßigung scheidet aus, wenn bei einer Stufenklage in einer vorbereitenden Stufe bereits ein Teilurteil ergangen ist.
Rz. 84
Wird rechtskräftiger Teilentscheidung der Vorstufen – also Auskunfts-, Feststellungsantrag bzw. Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung – der auf Leistung gerichtete Hauptanspruch (Herausgabe bzw. Zahlung) nicht weiterverfolgt, so endet die Verjährungshemmung nach sechs Monaten, vgl. § 204 Abs. 2 BGB. Ein Stillstand kann nicht angenommen werden, wenn aus einer rechtskräftigen Teilentscheidung die Zwangsvollstreckung betrieben wird.
Rz. 85
Eine Feststellungsklage bzw. ein Feststellungsantrag innerhalb einer Stufenklage kann die Verjährung nur insoweit hemmen, als der dafür vorgetragene Sachverhalt später auch Grundlage der Leistungsklage sein wird.