1. Auskunftserteilung zur Vorbereitung der Erbteilung
Rz. 140
Bei der Nachlassauseinandersetzung sind bestimmte Vorempfänge auszugleichen, die der Erblasser zu Lebzeiten seinen Abkömmlingen gewährt hat, §§ 2050–2053 BGB. Eine Ausgleichung setzt voraus, dass alle Beteiligten sämtliche relevanten Zuwendungen kennen. § 2057 BGB gewährt jedem Miterben insoweit vorbereitend einen Anspruch auf Auskunft über ausgleichungspflichtige Vorempfänge.
Rz. 141
Der Auskunftsanspruch nach § 2057 BGB geht dem Auseinandersetzungsanspruch der übrigen Miterben aus § 2042 BGB vor. Eine Teilung des Nachlasses ist erst sinnvoll möglich, wenn feststeht, welche Ausgleichungen bei der Auseinandersetzung vorzunehmen sind. Werden trotz Aufforderung Vorempfänge nicht offengelegt, kann der Auskunftsberechtigte hierauf gestützt eine Einrede gegen den Erbauseinandersetzungsanspruch erheben.
2. Reichweite des Auskunftsanspruchs
Rz. 142
Auskunftsansprüche können grundsätzlich über folgende lebzeitige Zuwendungen bestehen:
Rz. 143
Es ist jedoch nicht über jede Zuwendung des Erblassers Auskunft zu erteilen, sondern nur über solche, die der Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB unterliegen können. Der Zweck der Norm verlangt es, dass sämtliche Zuwendungen angegeben werden, die zumindest möglicherweise von den Ausgleichungsvorschriften erfasst werden. Die Prüfung soll gerade nicht von der subjektiven Einschätzung des Auskunftsschuldners abhängen.
Rz. 144
Nach h.M. ist insoweit – noch auf der Grundlage zweier RG-Entscheidungen – eine gegenständlich unbeschränkte Aufklärung geschuldet. Auch in zeitlicher Hinsicht ist die Auskunft nahezu unbegrenzt geschuldet. Nur eine Ausforschung bis zur frühesten Kindheit wird abgelehnt. Dies vorangestellt ist offenzulegen, wann dem Abkömmling oder einem Rechtsvorgänger was mit welchen Anordnungen zugewandt wurde.
Rz. 145
Alle Angaben zum Wert sind auf der Grundlage von § 242 BGB zu machen, vor allem über wertbildende Faktoren eines zugewendeten Gegenstands. Ein Anspruch auf Erstellung und Vorlage eines (Sachverständigen-)Wertgutachtens besteht nur ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Die Kosten für ein Gutachten müsste der hieran interessierte Auskunftsgläubiger selbst tragen.
3. Auskunftsgläubiger
Rz. 146
Gläubiger des Anspruchs ist jeder Miterbe, der zum Kreis der Ausgleichsberechtigten gehört. Der Anspruch ist ein Individualanspruch, kann also von jedem berechtigten Miterben unabhängig von der Zustimmung oder der Mitwirkung der anderen Miterben geltend gemacht werden.
Rz. 147
Der gesetzlichen Ausgleichungspflicht unterliegen insoweit
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Abkömmlinge, und zwar
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als gesetzliche Miterben (§ 2050 BGB) |
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als testamentarische Miterben, wenn die Erbteile den gesetzlichen entsprechen oder doch in einem solchem Verhältnis zueinander stehen (§ 2052 BGB) |
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eintretende oder durch Erhöhung bzw. Anwachsung begünstigte Abkömmlinge an Stelle ihrer Vormänner. Sie sollen insgesamt die "Stammportion" erhalten (§ 2051 Abs. 1 BGB) (Fortsetzung des Stammeserbrechts aus § 1924 Abs. 3 BGB) |
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Ersatzerben (§§ 2052 Abs. 2, 2096 BGB). |
Rz. 148
Zum Kreis der Auskunftsberechtigten gehören in analoger Anwendung der Vorschrift
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pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge betreffend Ansprüche nach § 2316 BGB |
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Testamentsvollstrecker, die zwischen ausgleichsberechtigten Miterben den Nachlass auseinandersetzen |
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Nachlass- und Insolvenzverwalter nur bei Vorliegen eines besonderen Interesses an der Feststellung des Erbteilswertes (z.B. wegen der Berichtigung von diesbezüglichen Nachlassverbindlichkeiten). |
4. Auskunftsschuldner
Rz. 149
Schuldner des Auskunftsanspruchs können die ausgleichpflichtigen Miterben in einer Erbengemeinschaft oder nicht erbende pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge gegenüber anderen hiernach berechtigten Abkömmlingen sein.
5. Prozessuales
Rz. 150
Im Klagantrag ist allgemein die Verpflichtung des Beklagten geltend zu machen, Auskunft über die auszugleichenden Zuwendungen zu ...