1. Allgemeines
Rz. 179
Wer sich im Zeitpunkt des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befand, hat oftmals Kenntnisse und Verfügungsmöglichkeiten über Erbschaftsgegenstände. Aufgrund der besonderen räumlichen Beziehung sind diese Personen verpflichtet, Auskunft zu erteilen über
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die erbschaftlichen Geschäfte und |
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den Verbleib der Erbschaftsgegenstände. |
2. Inhalt der Auskunft
a) Erbschaftliche Geschäfte
Rz. 180
Der Hausgenosse hat Auskunft darüber zu erteilen, ob und welche erbschaftlichen Geschäfte i.S.v. § 1959 Abs. 1 BGB er geführt hat. Darunter fällt jedwedes Tätigwerden mit Bezug auf den Nachlass einschließlich tatsächlicher Handlungen. Ist der Hausgenosse als Beauftragter oder Geschäftsführer tätig geworden, so kann zugleich eine Auskunftspflicht nach §§ 681, 666, 259, 260 BGB bestehen.
b) Verbleib von Erbschaftsgegenständen
Rz. 181
Auskunft ist nicht nur über den örtlichen Verbleib, sondern auch über den wirtschaftlichen Verbleib von Nachlassgegenständen zu erteilen. Anzugeben ist zudem, ob und welche Surrogate hierfür in den Nachlass gelangt sind.
Rz. 182
Über den strengen Wortlaut des § 2028 BGB hinaus bezieht sich die Auskunftspflicht auch auf Gegenstände, die vor dem Tod des Erblassers beiseitegeschafft wurden. Ohne Bedeutung ist, ob dies mit oder ohne Zustimmung des Erblassers erfolgte. Nachforschungen über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen muss der Hausgenosse nicht anstellen.
c) Eidesstattliche Versicherung nach § 2028 Abs. 2 BGB
Rz. 183
Kann der Erbe substantiiert darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass Grund zur Annahme besteht, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden ist, muss der Auskunftspflichtige die Vollständigkeit der in der Auskunft gemachten Angaben an Eides statt zu versichern. Gegenstand der Versicherung ist die Vollständigkeit der Angaben, nicht die des "Bestandes" des Nachlasses.
3. Auskunftsgläubiger
Rz. 184
Auskunftsberechtigt ist in diesen Fällen der Erbe. Bei Vorhandensein mehrerer Miterben kann jeder den Anspruch – auch gegen den Widerspruch der anderen – geltend machen, nach § 2039 BGB allerdings nur als Leistung an alle Miterben.
Rz. 185
Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, so ist der Anspruch vom Testamentsvollstrecker geltend zu machen, §§ 2211 f. BGB. Berechtigt sind auch alle anderen mit der Verwaltung des Nachlasses betrauten Dritte (z.B. Nachlassinsolvenzverwalter, § 80 Abs. 1 InsO, oder Nachlassverwalter, § 1984 BGB). Auch dem Pfandgläubiger, der ein rechtsgeschäftliches oder vollstreckungsrechtliches Pfandrecht am Erbteil eines Miterben erworben hat, steht der Auskunftsanspruch anstelle des Miterben zu, weil er anders seine Rechte aus dem Pfandrecht nicht geltend machen könnte.
Rz. 186
Nicht nach § 2028 BGB auskunftsberechtigt ist, wer nur einzelne Gegenstände oder Sachen aus dem Nachlass erhalten soll.
4. Auskunftsschuldner
Rz. 187
Auskunftspflichtig ist jeder, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat. Eine allgemeine Definition von "häuslicher Gemeinschaft" gibt es nicht. Wesentlich ist, ob im Einzelfall davon auszugehen ist, dass Kenntnisse über die Vermögensangelegenheiten des Erblassers erworben wurden und Gelegenheit bestand, erbschaftliche Geschäfte zu führen. Dies wird z.B. bei Mitbewohnern, Hausangestellten, Zimmernachbarn oder Pflegepersonal i.d.R. anzunehmen sein. Von nachrangiger Bedeutung sind dagegen die Nähe zum Erblasser und die Dauer dieser Beziehung. Ein vollständiges Zusammenleben unter einem Dach ist entbehrlich.
5. Formulierungsbeispiel: Auskunftsklage gegen Hausgenossen
Rz. 188
Formulierungsbeispiel: Auskunftsklage gegen Hausgenossen
An das
Landgericht
(…)
Klage
des (…)
– Kläger –
Prozessbevollmächtigter: (…)
gegen
(…)
– Beklagte –
wegen Auskunft und eidesstattlicher Versicherung
Vorläufiger Streitwert: (…) EUR
Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage gegen die Beklagte mit den Anträgen, wie folgt für Recht zu erkennen:
1. |
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen
a) |
über die erbschaftlichen Geschäfte, die sie in Bezug auf den Nachlass des am (…) in (…) verstorbenen Herrn (…), zuletzt wohnhaft in (…), geführt hat, |
b) |
über den Verbleib von Nachlassgegenständen in Bezug auf den zuvor bezeichneten Nachlass. |
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2. |
Für den Fall, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden sein sollte, wird die Beklagte weiter verurteilt, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie nach bestem Wissen die Angaben so vollständig gemacht hat, wie sie dazu imstande ist. |
Falls die Voraussetzungen des § 331...