1. Zurückbehaltungsrecht
Rz. 62
"Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er … [grundsätzlich] die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird" (§ 273 Abs. 1 BGB). Für den Auskunftspflichtigen gibt es diese Möglichkeit im Erbrecht aber selbst dann nicht, wenn der Gegenanspruch ein Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsanspruch ist. Anderenfalls käme es zu "völlig sachfremden Ermittlungs- und Berechnungsblockaden". Die Ansprüche würden sich jeweils neutralisieren, so dass keiner mehr durchsetzbar wäre.
2. Verjährungsfrist
Rz. 63
Für die erbrechtlichen Ansprüche im 5. Buch des BGB ist seit 2010 die bis dahin geltende grundsätzlich 30-jährige Sonderverjährung nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. entfallen. Seither gilt ganz überwiegend die dreijährige Regelverjährung (§§ 195, 199 BGB).
Rz. 64
Abweichend hiervon gilt eine 30-jährige Verjährungsfrist nach
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§ 197 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 und 3 BGB für erbrechtliche Herausgabeansprüche nach §§ 2018, 2130 und 2362 BGB oder für deren Durchsetzung dienende Hilfsansprüche, wie z.B. Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche; |
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§ 199 Abs. 3a BGB für alle Ansprüche, die auf dem Erbfall beruhen oder – alternativ – deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzen, kenntnisunabhängig als Verjährungshöchstfrist. |
a) Verjährungsbeginn
Rz. 65
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Berechtigte von den maßgeblichen Umständen und der Person des Pflichtigen erfährt oder hätte erfahren müssen (Silvesterverjährung: § 199 Abs. 1 BGB).
Rz. 66
Der Verjährungsbeginn von anderen Ansprüchen, die nicht der Regelverjährung unterliegen, ist dagegen objektiv zu bestimmen. In diesen Fällen beginnt die Verjährung sofort mit Entstehung des Anspruchs zu laufen. Dies ist stichtagsgenau der Tag des Erbfalls nach
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§§ 197 Abs. 1 Nr. 2, 200 BGB für erbrechtliche Herausgabeansprüche nach §§ 2018, 2130 und 2362 BGB oder für deren Durchsetzung dienende Hilfsansprüche, wie z.B. Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche |
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§§ 2332 Abs. 1, 2329 BGB für Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten gegen den Beschenkten einschließlich des zugehörigen Auskunftsanspruchs |
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§§ 2287 Abs. 2, 242 BGB für Auskunftsansprüche von Vertragserben betreffend eventuell missbräuchliche Zuwendungen des Erblassers. |
b) Hemmung der Verjährung
Rz. 67
Bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 203–211 BGB wird die Verjährung gehemmt. Die Hemmung der Verjährung (§ 209 BGB) endet bei Erteilung der erforderlichen Auskunft, weil es allein in der Hand des Klägers liegt, die Betragsstufe zu beziffern und damit dem Verfahren Fortgang zu geben.
Rz. 68
Der praktisch wichtigste Fall der Verjährungshemmung ist die Ablaufhemmung betreffend Ansprüche minderjähriger Kinder bspw. gegen einen Elternteil. Sind der oder die sorgeberechtigten Personen aus Rechtsgründen an der Vertretung eines minderjährigen Kindes gehindert, wird der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt. Die Verjährungsfrist endet nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt der Volljährigkeit des minderjährigen Pflichtteilsberechtigten bzw. nach Behebung des Vertretungsmangels (§ 210 Abs. 1 BGB). Eine bloß tatsächliche Verhinderung genügt nicht. Die Ablaufhemmung ist überdies zu beachten, wenn der Schuldner selbst nicht voll geschäftsfähig ist.
c) Auskunftserteilung als Anerkenntnis
Rz. 69
Erkennt ein Schuldner einen Anspruch an, beginnt eine nicht verstrichene Verjährungsfrist in voller Länge nochmals zu laufen (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Anerkenntnis in diesem Sinne meint "jedes tatsächliche Verhalten gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein des Schuldners von dem Bestehen des gegen ihn erhobenen Anspruchs – wenigstens dem Grunde nach – klar und unzweideutig ergibt und das deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird". Entsprechend kann im Einzelfall in der Auskunftserteilung nach § 2314 BGB ein Anerkenntnis des Pflichtteilsanspruchs insgesamt liegen wie auch in der Bereitschaft zur Inventarerrichtung.
Rz. 70
Hinweis
Wenn mit der Auskunftserteilung keine Anerkennung des Pflichtteilsanspruchs dem Grunde nach verbunden sein soll, ist es ratsam, vorsorglich klarzustellen, dass mit der Auskunft kei...