1. Allgemeines
Rz. 189
Nach dem BGB hat der Testamentsvollstrecker eine sehr starke Rechtsposition. Dem stehen umfangreiche Pflichten – nicht zuletzt auf Auskunftserteilung – gegenüber. Zu unterscheiden sind im Verhältnis zum Erben vor allem folgende Informationspflichten:
2. Nachlassverzeichnis bei Amtsantritt
Rz. 190
Eine Kardinalpflicht des Testamentsvollstreckers ist es, unverzüglich nach dem Amtsantritt dem Erben unaufgefordert ein Nachlassverzeichnis zukommen zu lassen, § 2215 Abs. 1 BGB. Nacherben sind erst nach Eintritt des Nacherbfalls auskunftsberechtigt. Zu erfassen sind auf den Tag der Annahme des Amtes sämtliche Aktiva und Passiva (Grundsatz der Vollständigkeit), die der Testamentsvollstreckung unterworfen sind. Die Vorlage von Belegen oder die Angabe von Wertangaben ist nicht geschuldet. Insgesamt ist das Verzeichnis die Grundlage der weiteren Tätigkeit des Testamentsvollstreckers.
Rz. 191
Auch kann die Aufnahme des Verzeichnisses durch einen Notar etc. gefordert werden, § 2215 Abs. 4 BGB. Der Erbe kann als zusätzliche Qualifikation verlangen, bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses hinzugezogen zu werden, § 2215 Abs. 3 BGB.
Rz. 192
Errichtet der Testamentsvollstrecker pflichtwidrig kein Nachlassverzeichnis, kann der Erbe dies auf dem Klageweg erzwingen. Im Falle einer Verurteilung treffen die Kosten des Verfahrens den Testamentsvollstrecker persönlich.
Rz. 193
Liegen die Voraussetzungen von § 260 Abs. 2 BGB vor, kann der Erbe verlangen, dass der Testamentsvollstrecker die Vollständigkeit und Richtigkeit des Verzeichnisses an Eides statt versichert, §§ 2218 Abs. 1, 666, 259, 260 f. BGB.
3. Weitere Informationspflichten
a) Allgemeines
Rz. 194
Nach § 2218 BGB finden auf das Rechtsverhältnis zwischen Testamentsvollstrecker und Erben bestimmte Regelungen des Auftragsrechts, einschließlich § 666 BGB, entsprechende Anwendung. Zu unterscheiden sind drei Informationsebenen:
▪ |
Benachrichtigungspflicht, |
▪ |
Auskunftspflicht, |
▪ |
Rechenschaftspflicht. |
b) Benachrichtigungspflicht
Rz. 195
Zunächst hat der Testamentsvollstrecker unaufgefordert den Erben über die den verwalteten Nachlass betreffenden Geschäfte zu informieren, bevor er diese abschließt. Der konkrete Inhalt der Auskunft richtet sich nach dem Einzelfall. Je riskanter eine Verwaltungsmaßnahme für den Nachlass ist, umso umfangreicher ist die Informationspflicht. Der Erbe soll gerade in solchen Fällen rechtzeitig Einfluss auf die Verwaltung nehmen können, weil ihn die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen treffen. Der Erbe soll die wirtschaftliche Situation des Nachlasses stets richtig und vollständig beurteilen können. Die Einhaltung dieser Verpflichtung kann nicht klageweise eingefordert werden.
c) Auskunftspflicht
Rz. 196
Daneben ist der Testamentsvollstrecker verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft über "den Stand der Geschäfte" zu erteilen. Diese Pflicht endet, wo das Schikaneverbot (z.B. tägliche Sachstandsanfragen) oder § 242 BGB (z.B. Missverhältnis zwischen Interesse des Erben und Aufwand für den Testamentsvollstrecker) entgegenstehen. Bei der Definition der Grenzen der Auskunftspflicht ist zu beachten, dass der Testamentsvollstrecker gegenüber dem Erben nicht weisungsgebunden ist.
Rz. 197
Den Testamentsvollstrecker kann dabei auch eine "Wissensverschaffungspflicht" treffen, d.h., er muss von seinen eigenen Auskunftsrechten gegenüber Dritten Gebrauch machen. Die vom BGH für das Verhältnis zwischen Erbe und Pflichtteilsberechtigtem getroffene Wertung, dass der Erbe gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten zur Wissensverschaffung verpflichtet sei, ist übertragbar. Der dem Testamentsvollstrecker aufgrund seiner eigenen Auskunftspflicht zustehende Auskunftsanspruch dient letztlich so dem Erben.
Rz. 198
Ist der Testamentsvollstrecker zugleich Miterbe, kann er sich nicht darauf berufen, dass Miterben einander grundsätzlich nicht auskunftsverpflichtet sind. Vielmehr besteht in diesen Fällen ausnahmsweise eine Sonderstellung gegenüber den Miterben, weil der miterbende Testamentsvollstrecker durch seine Funktion als Abwickl...