1. Allgemeines

 

Rz. 189

Nach dem BGB hat der Testamentsvollstrecker eine sehr starke Rechtsposition. Dem stehen umfangreiche Pflichten – nicht zuletzt auf Auskunftserteilung – gegenüber. Zu unterscheiden sind im Verhältnis zum Erben vor allem folgende Informationspflichten:

Nachlassverzeichnis bei Amtsantritt (§ 2215 Abs. 1 BGB)
Auskunft während laufender Verwaltung (§§ 2218 Abs. 1, 666 Var. 1 und 2 BGB)
Rechenschaftspflicht (§ 2218 Abs. 2 BGB).

2. Nachlassverzeichnis bei Amtsantritt

 

Rz. 190

Eine Kardinalpflicht des Testamentsvollstreckers ist es, unverzüglich nach dem Amtsantritt dem Erben unaufgefordert ein Nachlassverzeichnis zukommen zu lassen, § 2215 Abs. 1 BGB. Nacherben sind erst nach Eintritt des Nacherbfalls auskunftsberechtigt.[212] Zu erfassen sind auf den Tag der Annahme des Amtes sämtliche Aktiva und Passiva (Grundsatz der Vollständigkeit), die der Testamentsvollstreckung unterworfen sind.[213] Die Vorlage von Belegen oder die Angabe von Wertangaben ist nicht geschuldet.[214] Insgesamt ist das Verzeichnis die Grundlage der weiteren Tätigkeit des Testamentsvollstreckers.[215]

 

Rz. 191

Auch kann die Aufnahme des Verzeichnisses durch einen Notar etc. gefordert werden, § 2215 Abs. 4 BGB. Der Erbe kann als zusätzliche Qualifikation verlangen, bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses hinzugezogen zu werden, § 2215 Abs. 3 BGB.

 

Rz. 192

Errichtet der Testamentsvollstrecker pflichtwidrig kein Nachlassverzeichnis, kann der Erbe dies auf dem Klageweg erzwingen.[216] Im Falle einer Verurteilung treffen die Kosten des Verfahrens den Testamentsvollstrecker persönlich.[217]

 

Rz. 193

Liegen die Voraussetzungen von § 260 Abs. 2 BGB vor, kann der Erbe verlangen, dass der Testamentsvollstrecker die Vollständigkeit und Richtigkeit des Verzeichnisses an Eides statt versichert, §§ 2218 Abs. 1, 666, 259, 260 f. BGB.[218]

[212] MüKo-BGB/Zimmermann, § 2215 Rn 17.
[213] OLG Köln BeckRS 2009, 86768; Damrau/Tanck/Bonefeld, § 2215 BGB Rn 5.
[214] Schreinert, RNotZ 2008, 61, 63.
[215] Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, Rn 342.
[216] Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, Rn 345.
[217] Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, Rn 345; Damrau/Tanck/Bonefeld, § 2215 BGB Rn 18.
[218] Damrau/Tanck/Bonefeld, § 2215 BGB Rn 17; MüKo-BGB/Zimmermann, § 2215 Rn 6.

3. Weitere Informationspflichten

a) Allgemeines

 

Rz. 194

Nach § 2218 BGB finden auf das Rechtsverhältnis zwischen Testamentsvollstrecker und Erben bestimmte Regelungen des Auftragsrechts, einschließlich § 666 BGB, entsprechende Anwendung. Zu unterscheiden sind drei Informationsebenen:[219]

Benachrichtigungspflicht,
Auskunftspflicht,
Rechenschaftspflicht.
[219] Sarres, ZEV 2000, 90; Bamberger/Roth/Lange, § 2218 Rn 7.

b) Benachrichtigungspflicht

 

Rz. 195

Zunächst hat der Testamentsvollstrecker unaufgefordert den Erben über die den verwalteten Nachlass betreffenden Geschäfte zu informieren, bevor er diese abschließt.[220] Der konkrete Inhalt der Auskunft richtet sich nach dem Einzelfall.[221] Je riskanter eine Verwaltungsmaßnahme für den Nachlass ist, umso umfangreicher ist die Informationspflicht. Der Erbe soll gerade in solchen Fällen rechtzeitig Einfluss auf die Verwaltung nehmen können, weil ihn die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen treffen. Der Erbe soll die wirtschaftliche Situation des Nachlasses stets richtig und vollständig beurteilen können.[222] Die Einhaltung dieser Verpflichtung kann nicht klageweise eingefordert werden.[223]

[220] BayObLG ZEV 1998, 348, 349 = FamRZ 1998, 987; RGZ 130, 121, 139.
[221] MüKo-BGB/Seiler, § 666 Rn 4, 7.
[222] BGHZ 109, 260, 266.
[223] Bamberger/Roth/Lange, § 2218 BGB Rn 10, der zugleich auf die Begründung einer etwaigen Haftung des Testamentsvollstreckers nach § 2219 BGB bzw. auf mögliche Gründe für eine Entlassung hinweist.

c) Auskunftspflicht

 

Rz. 196

Daneben ist der Testamentsvollstrecker verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft über "den Stand der Geschäfte" zu erteilen. Diese Pflicht endet, wo das Schikaneverbot (z.B. tägliche Sachstandsanfragen) oder § 242 BGB (z.B. Missverhältnis zwischen Interesse des Erben und Aufwand für den Testamentsvollstrecker) entgegenstehen.[224] Bei der Definition der Grenzen der Auskunftspflicht ist zu beachten, dass der Testamentsvollstrecker gegenüber dem Erben nicht weisungsgebunden ist.[225]

 

Rz. 197

Den Testamentsvollstrecker kann dabei auch eine "Wissensverschaffungspflicht" treffen, d.h., er muss von seinen eigenen Auskunftsrechten gegenüber Dritten Gebrauch machen.[226] Die vom BGH[227] für das Verhältnis zwischen Erbe und Pflichtteilsberechtigtem getroffene Wertung, dass der Erbe gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten zur Wissensverschaffung verpflichtet sei, ist übertragbar.[228] Der dem Testamentsvollstrecker aufgrund seiner eigenen Auskunftspflicht zustehende Auskunftsanspruch dient letztlich so dem Erben.

 

Rz. 198

Ist der Testamentsvollstrecker zugleich Miterbe, kann er sich nicht darauf berufen, dass Miterben einander grundsätzlich nicht auskunftsverpflichtet sind. Vielmehr besteht in diesen Fällen ausnahmsweise eine Sonderstellung gegenüber den Miterben, weil der miterbende Testamentsvollstrecker durch seine Funktion als Abwickl...

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