Rz. 64

Durch die Reform des Rechtsberatungsrechtes ist der Tätigkeitsbereich der Inkassounternehmen deutlich größer geworden. Durften sie in der Vergangenheit auf der Grundlage des Rechtsberatungsgesetzes den Gläubiger nur außergerichtlich vertreten, ist ihnen nunmehr nach § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO neben der Sachpfändung durch den Gerichtsvollzieher auch die Forderungspfändung und das gerichtliche Mahnverfahren bis zur Abgabe des Widerspruches oder Einspruches an das Streitgericht eröffnet. Im Insolvenzverfahren ist ihnen der Bereich der Forderungsanmeldung nach § 174 InsO erlaubt. Insoweit stellt sich die Frage nach der Erstattungsfähigkeit der Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren.[96] Dabei ist nachfolgend nicht zu erörtern, in welchem Umfang Inkassokosten erstattungsfähig sind,[97] sondern allein, in welchem Umfang diese Kosten im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung finden können.

[96] Umfassend: Goebel, Inkassokosten, Ein Praxisleitfaden zur Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten, 2. Aufl. 2016.
[97] Hierfür wird auf die Spezialliteratur verwiesen: Goebel, Inkassokosten, 2. Aufl. 2016 mit der Darstellung des Sach- und Streitstandes in Literatur und Rechtsprechung.

(1) Außergerichtliche Beauftragung

 

Rz. 65

Beauftragt der Gläubiger ein Inkassounternehmen vorgerichtlich, so scheidet ein prozessualer Erstattungsanspruch nach §§ 788, 91 ZPO aus, da sie ein prozessuales Verfahren voraussetzen. Die Erstattung der Inkassokosten erfolgt vielmehr auf vertraglicher Basis oder als Schadensersatzanspruch aus Verzug nach §§ 280, 286 BGB. Diese Ansprüche sind sowohl im gerichtlichen Mahnverfahren als auch im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren als materiell-rechtlicher Anspruch in Form einer Nebenforderung geltend zu machen. Die Sachlage verhält sich nicht anders als bei der Beauftragung eines Rechtsanwaltes.

(2) Gerichtliches Mahnverfahren

 

Rz. 66

Für das gerichtliche Mahnverfahren findet sich seit dem 1.7.2008 mit § 4 Abs. 4 RDGEG i.V.m. § 91 ZPO eine prozessuale Kostenerstattungsnorm. Danach sind von dem materiell-rechtlichen Verzugsschadensersatzanspruch bis zu 25,00 EUR als prozess-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch festsetzbar. Diese Summe kann schon im Mahnbescheidsantrag berücksichtigt werden.[98]

 

Rz. 67

Ein über den Betrag von 25,00 EUR hinausgehender[99] Schadensersatz – etwa wenn der Gläubiger mit dem Inkassounternehmen zulässigerweise eine Vergütung entsprechend dem RVG vereinbart hat – muss im gerichtlichen Mahnverfahren neben der Hauptforderung als weitere materiell-rechtliche Forderung geltend gemacht werden.[100] Auch hier kommen vertragliche Ansprüche wie §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht. Den Auftraggebern von Inkassounternehmen einen weitergehenden Erstattungsanspruch zu verweigern und sie insoweit gegenüber Rechtsanwälten zurückzusetzen, wäre verfassungswidrig. Das hat der Gesetzgeber schon im Zusammenhang mit § 4 Abs. 5 RDGEG erkannt.[101]

[98] Zur Problematik der Vorschrift ausführlich Goebel, Inkassokosten S. 267; Goebel, Vergütung des Inkassounternehmens im Mahnverfahren FMP 2008, 96; Goebel, Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Inkassounternehmens im Mahnverfahren, MDR 2008, 542.
[99] Die Norm ist nicht abschließend: vgl. etwa Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn 206.
[100] Katalogziffer 28 oder 29 – Schadensersatz aus Verzug, §§ 280, 286 BGB.
[101] BT-Drucks 18/9521, S. 217.

(3) Inkassokosten in der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 68

War für die bisher erlaubte Tätigkeit der Inkassounternehmen in der Zwangsvollstreckung die Frage nach der Höhe und dem Verfahren die Kostenerstattung für die Inkassounternehmen lange streitig, hat schon Art. IX Abs. 2, Abs. 1 S. 3 KostÄndG für Klarheit gesorgt. Nach Abs. 1 S. 1 der Vorschrift galt zunächst das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für die Vergütung von Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt worden ist, sinngemäß. Diese Vorschrift galt nach allgemeinem Verständnis des Art. IX Abs. 2 KostÄndG allerdings nicht für Inkassounternehmen.[102]

 

Rz. 69

Es entspricht demgegenüber einhelliger Rechtsprechung,[103] dass der Gläubiger vom Schuldner die Kosten eines Inkassounternehmens für das Betreiben von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erstattet verlangen kann, wenn die Inkassokosten die Kosten, die für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes sonst erforderlich geworden wären, nicht übersteigen. Im Ergebnis können die Inkassokosten damit bis zur Höhe der entsprechenden Rechtsanwaltsgebühren als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO vollstreckt und nach § 788 Abs. 2 ZPO auch festgesetzt werden, jedenfalls, soweit dadurch entsprechende Rechtsanwaltskosten gespart wurden.[104] Das ist für vor dem 1.7.2008 entstandene Inkassokosten weiter relevant.

 

Rz. 70

Seit dem 1.7.2008 ist durch Art. 20 Nr. 7 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes Art. IX KostÄndG in § 4 Abs. 4 S. 1 EGRDG aufgegangen. Danach sind die notwendigen Kosten für die Vertretung eines Gläubigers durch eine Person, die Inkassodienstleistungen in der Zwangsvollstreckun...

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