a) Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (EuVTVO)
aa) Rechtsgrundlagen
Rz. 49
Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EuVTVO) erleichtert die grenzüberschreitende Vollstreckung von unbestrittenen Geldforderungen in Zivil- und Handelssachen. Als Europäischer Vollstreckungstitel können alle gerichtliche Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden in Zivil- und Handelssachen bestätigt werden, soweit darin Forderungen tituliert werden, deren Bestehen der Schuldner entweder ausdrücklich anerkannt oder deren gerichtlicher Geltendmachung er nicht widersprochen hat (Art. 3 EuVTVO). Damit können die wichtigsten Titel wie Anerkenntnisurteil, Vergleich, Vollstreckungsbescheid, Versäumnisurteil und öffentliche Urkunden als Europäische Vollstreckungstitel (EuVT) bestätigt werden. Die Bestätigung als EuVT wird durch das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, auf einem Standardformblatt erteilt (Art. 9 Abs. 1 EuVTVO), sofern die in Art. 6 EuVTVO genannten Voraussetzungen (insb. Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat, Beachtung bestimmter Zuständigkeitsregeln der EuGVO) erfüllt sind. Das Bestätigungsverfahren ist in Deutschland in den §§ 1079–1081 ZPO geregelt.
Ein als EuVT bestätigter Titel ist innerhalb der EU (mit Ausnahme Dänemarks) im Vollstreckungsstaat wie ein inländischer Titel vollstreckbar, ohne dass es einer gesonderten Vollstreckbarerklärung oder Klauselerteilung bedarf (Art. 5 EuVTVO). Der Schuldner kann die Entscheidung nur dann im Ursprungsstaat überprüfen lassen, wenn bestimmte Verfahrensstandards nicht eingehalten wurden (Art. 12 ff. EuVTVO). Darüber hinaus kann die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat dann verweigert werden, wenn bereits eine entgegenstehende Entscheidung über den identischen Streitgegenstand zwischen den Parteien vorliegt (Art. 21 Abs. 1 EuVTVO). Das Vollstreckungsverfahren nach der EuVTVO ist in Deutschland in den §§ 1082–1086 ZPO geregelt.
bb) Muster: Antrag auf Bestätigung eines Titels als europäischer Vollstreckungstitel nach Art. 6 EuVTVO i.V.m. §§ 1079 ff. ZPO
Rz. 50
Muster 23.9: Antrag auf Bestätigung eines Titels als europäischer Vollstreckungstitel nach Art. 6 EuVTVO i.V.m. §§ 1079 ff. ZPO
Muster 23.9: Antrag auf Bestätigung eines Titels als europäischer Vollstreckungstitel nach Art. 6 EuVTVO i.V.m. §§ 1079 ff. ZPO
An das Landgericht _____
_____
Az.: _____ (des Erkenntnisverfahrens)
In Sachen
A-GmbH _____
– Urteilsgläubigerin –
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwälte _____
gegen
B-GmbH _____
– Urteilsschuldnerin –
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt _____
beantragen wir,
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das Urteil vom _____ als Europäischen Vollstreckungstitel gem. Art. 6 EuVTVO zu bestätigen. |
Begründung
Die Urteilschuldnerin ist durch Anerkenntnisurteil vom _____ zur Zahlung von 12.000 EUR für die Lieferung von Edelstahl-Steckbolzen verurteilt worden, welche die Urteilschuldnerin von der Urteilsgläubigerin in Salzburg gekauft hat. Das Urteil ist in Deutschland vollstreckbar.
Das Urteil ist im Gerichtsstand des Beklagtensitzes nach Art. 4, 63 EuGVO ergangen.
Ich bitte um Übersendung der Bestätigung.
(Rechtsanwalt)
b) Europäisches Mahnverfahren (EuMahnVO)
Rz. 51
Die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO) ermöglicht Gläubigern die schnelle und kostengünstige Beitreibung unbestrittener Forderungen in Zivil- und Handelssachen nach einem einheitlichen Verfahren auf der Grundlage von Formblättern, sofern mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat (mit Ausnahme Dänemarks) als dem des befassten Gerichts hat. Der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls nach Art. 7 EuMahnVO ist unter Verwendung des Formblatts A gemäß Anhang I entweder in Papierform oder, sofern der Ursprungsmitgliedstaat dies ermöglicht, auf elektronischem Weg einzureichen. Urkunden oder Beweismittel sind dem Antrag nicht beizufügen.
In Deutschland ist das europäische Mahnverfahren in den §§ 1087–1096 ZPO näher geregelt. Nach § 1087 ZPO ist für die Bearbeitung von Anträgen im europäischen Mahnverfahren allein das Amtsgericht Wedding in Berlin (Europäisches Mahngericht Deutschland) zuständig. Sofern die Forderung nicht offensichtlich unbegründet ist (vgl. Art. 8, 11 EuMahnVO), wird der Europäische Zahlungsbefehl erlassen (Art. 12 EuMahnVO) und dem Schuldner zugestellt (vgl. § 1089 ZPO). Der Schuldner kann innerhalb von 30 Tagen nach der Zustellung Einspruch gegen den Zahlungsbefehl einlegen (Art. 16 EuMahnVO). Nach Ablauf der Einspruchsfrist wird der Europäische Zahlungsbefehl nach Art. 18 EuMahnVO unverzüglich für vollstreckbar erklärt und dem Gläubiger als "vollstreckbarer Europäischer Zahlungsbefehl" übersandt. Legt der Schuldner dagegen fristger...