a) Überblick
Rz. 69
Kommt es nach dem Bewilligungsverfahren zur Hauptsache, so geht die nach Nr. 3335 VV verdiente Vergütung in der des nachfolgenden Verfahrens auf. Der Anwalt erhält seine Gebühren nach § 16 Nr. 2 RVG nur einmal. Dies gilt unabhängig davon, ob die beantragte Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist oder nicht.
Rz. 70
Allerdings ist bei der Abrechnung danach zu unterscheiden, ob die beantragte Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist oder nicht. Soweit Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, greift nämlich die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Der Anwalt kann den Auftraggeber im Rahmen der Bewilligung nicht in Anspruch nehmen. Abgesehen davon sind im Falle der Bewilligung bei Gegenstandswerten von mehr als 4.000,00 EUR geringere Gebührenbeträge vorgesehen.
Rz. 71
Zu beachten ist dabei, dass die Gegenstandswerte von Hauptsache und Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfeverfahren nicht zusammengerechnet werden, soweit sich die Gegenstände decken (§ 23a Abs. 2 RVG). Soweit im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren dagegen Gegenstände anhängig waren, die nicht in den Rechtsstreit übergegangen sind oder im Rechtsstreit neue Gegenstände hinzukommen, sind die Werte zu addieren (§ 22 Abs. 1 RVG). Dabei kann es insbesondere bei der Verfahrensgebühr vorkommen, dass unterschiedliche Gebührensätze anfallen, sodass dann § 15 Abs. 3 RVG Anwendung findet.
b) Verfahrens- oder Prozesskostenhilfebewilligung wird abgelehnt, Rechtsstreit wird dennoch durchgeführt
Rz. 72
Wird der Antrag auf Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe abgelehnt und das Hauptsacheverfahren dennoch durchgeführt, geht die im Bewilligungsverfahren verdiente Vergütung in der Vergütung des Hauptsacheverfahrens auf (§ 16 Nr. 2 RVG).
Beispiel 42: Abgelehnte Prozesskostenhilfebewilligung, Durchführung des Rechtsstreits
Der Anwalt wird von der bedürftigen Partei beauftragt, für eine beabsichtigte Klage in Höhe von 5.000,00 EUR Prozesskostenhilfe zu beantragen. Das Gericht lehnt den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab, da der Antragsteller über einzusetzendes Vermögen verfüge. Daraufhin wird die Klage ohne Prozesskostenhilfe erhoben und darüber mündlich verhandelt.
Im Prüfungsverfahren ist eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3335, 3100 VV angefallen. Diese Gebühr ist dann in der Verfahrensgebühr des Rechtsstreits aufgegangen. Hinzu kommt eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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434,20 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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400,80 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
855,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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162,45 EUR |
Gesamt |
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1.017,45 EUR |
c) Uneingeschränkte Verfahrens- oder Prozesskostenhilfebewilligung
Rz. 73
Wird die beantragte Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe in vollem Umfang bewilligt, geht die im Bewilligungsverfahren verdiente Vergütung in der Vergütung des Hauptsacheverfahrens auf (§ 16 Nr. 2 RVG). Soweit der Anwalt die Vergütung für das Bewilligungsverfahren noch nicht abgerechnet hat, greift mit der Beiordnung die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Er kann ab dann seine Vergütung nicht mehr gegen den Auftraggeber geltend machen. Er erhält dann seine Vergütung aus der Staatskasse, allerdings aus den geringeren Beträgen des § 49 RVG. Die weiter gehende Vergütung kann er dann nur im Rahmen des § 50 RVG geltend machen oder gegebenenfalls im Wege der Kostenerstattung nach § 126 ZPO.
Beispiel 43: Uneingeschränkte Prozesskostenhilfebewilligung, Durchführung des Rechtsstreits
Der Anwalt wird von der bedürftigen Partei beauftragt, für eine beabsichtigte Klage in Höhe von 5.000,00 EUR Prozesskostenhilfe zu beantragen. Das Gericht ordnet einen Termin im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren an und bewilligt nach mündlicher Verhandlung im Prüfungsverfahren Prozesskostenhilfe. Der Anwalt wird daraufhin beauftragt, die Klage einzureichen, über die dann anschließend auch verhandelt wird.
Im Prüfungsverfahren sind nach den Beträgen des § 13 RVG die Gebühren aus 5.000,00 EUR angefallen. Aus der Landeskasse erhält der Anwalt die Gebühren dagegen nur aus den Beträgen des § 49 RVG. Die Gegenstandswerte von Hauptsache und Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfeverfahren werden nicht zusammengerechnet (§ 23a Abs. 2 RVG).
Hatte der Auftraggeber die Vergütung für das Prozess- oder Verfahrenskostenhilfeverfahren bereits bezahlt, darf der Anwalt diese behalten. Er muss sie sich dann nach § 58 RVG auf die Vergütung aus der Landeskasse anrechnen lassen.
Hatte der Auftraggeber die Vergütung für das Prozess- oder Verfahrenskostenhilfeverfahren noch nicht bezahlt, darf er jetzt den Auftraggeber wegen § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht mehr in Anspruch nehmen.
I. |
Im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren hatte der Anwalt verdient: |
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nrn. 3335, 3100 VV, § 13 RVG |
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334,00 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.6 S. 2 |
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400,80 EUR |
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i.V.m. Nr. 3104 VV, § 13 RVG |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
... |