Rz. 17
Die Bestimmung der Rechtsnatur der Schiedsklausel bereitet erhebliche Schwierigkeiten, weil das Gesetz dazu schweigt. Das Reichsgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung offen gelassen und lediglich die Zulässigkeit einer solchen Schiedsklausel bejaht. Nach Ansicht Kohlers handelt es sich bei einer Schiedsklausel um eine Auflage, wenn der Erblasser dem Schiedsgericht die ausschließliche Zuständigkeit einräumt. Walter geht dagegen davon aus, dass es sich um eine Verfügung "sonstigen Inhalts" handele, die nicht unter eines der in den §§ 1937–1941 BGB ausdrücklich erwähnten Rechtsinstitute zu subsumieren sei. Er begründet dies damit, dass die Anordnung einer letztwilligen Schiedsklausel, z.B. der Benennung eines Vormundes nach § 1777 Abs. 3 BGB oder einer Pflichtteilsentziehung nach §§ 2333 ff. BGB, vergleichbar näherstehe. Die Meinung, dass die Anordnung eines Schiedsgerichts in einem Testament keine Auflage sei, vertritt auch Schulze.
Rz. 18
Bedeutung erlangt das Problem der Rechtsnatur für die Frage, ob eine Schiedsklausel als wechselbezügliche Verfügung nach § 2270 Abs. 3 BGB oder mit erbvertraglich bindender Wirkung nach § 2278 Abs. 2 BGB angeordnet werden kann. Eine solche ist nur möglich, wenn die Schiedsklausel als Auflage gesehen wird. Andernfalls bliebe nur die Möglichkeit einer bedingten Erbeinsetzung.
Rz. 19
In der Tat dürfte es sich bei der letztwilligen Einsetzung eines Schiedsgerichts nicht um eine Auflagenanordnung handeln, sondern um eine Anordnung eigener Art, vergleichbar einer Vormundbenennung nach § 1777 BGB oder einer Verwaltungsanordnung nach § 1638 BGB. In letzterem Falle kann sich die Verwaltungsanordnung auch auf einen Pflichtteilsanspruch beziehen, ohne dass der Pflichtteilsberechtigte sich der Verwaltungsanordnung entziehen könnte.
Rz. 20
Mit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts per 1.1.1998 ist die Schiedsgerichtsbarkeit aufgewertet worden. Man spricht von einer Gleichstellung mit der staatlichen Gerichtsbarkeit. Wenn aber Schiedsgerichtsbarkeit und staatliche Gerichtsbarkeit gleichwertig sind, kann nicht davon gesprochen werden, die Anordnung eines Schiedsgerichts sei eine Belastung für die Betroffenen, zumal jeder Schiedsspruch durch ein staatliches Gericht überprüft werden kann und auch eine Vollstreckung erst nach Einschaltung eines staatlichen Gerichts möglich ist, §§ 1059, 1060, 1062, 1065, 1041 Abs. 3 ZPO.
Rz. 21
Deshalb kann m.E. auch die Entscheidung des OLG Hamm, wonach die nachträgliche Anordnung eines Schiedsgerichts in einem einseitigen Testament nach vorausgegangenem Erbvertrag gegen § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB verstoße, seit der Geltung des am 1.1.1998 in Kraft getretenen Schiedsverfahrensrechts nicht mehr ohne Weiteres auf die neue Rechtslage angewandt werden.
OLG Celle: Es handelt sich nicht um einen Verstoß i.S.v. § 2289 BGB.
Handelt es sich aber nicht um eine Auflage, so kann sich ein pflichtteilsberechtigter Erbe auch nicht durch eine Ausschlagung nach § 2306 Abs. 1 BGB dem Schiedsgericht entziehen.
Rz. 22
Pflichtteilsansprüche entstehen grundsätzlich nur, wenn der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen hinterlassen hat. Nur ausnahmsweise entstehen in zwei Fällen Pflichtteilsansprüche ohne Verfügung von Todes wegen:
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Bei Ausschlagung der Erbschaft durch den überlebenden Ehegatten nach § 1371 Abs. 3 BGB bzw. den Lebenspartner nach § 6 LPartG i.V.m. § 1371 Abs. 3 BGB, |
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wenn der pflichtteilsberechtigte Erbe im Hinblick auf Schenkungen des Erblassers über die Erbschaft hinaus Pflichtteilsergänzungsansprüche nach §§ 2325 ff. BGB geltend machen kann, § 2326 BGB. |
Rz. 23
Qualifiziert man die Schiedsgerichtsanordnung nicht als Auflage und geht man von der Gleichwertigkeit des Schiedsgerichts mit der staatlichen Gerichtsbarkeit aus, so gibt es keinen Grund, an der Zulässigkeit der Schiedsgerichtsanordnung auch zur Entscheidung über Pflichtteilsstreitigkeiten zu zweifeln – gleichgültig, ob die Pflichtteilsansprüche kraft Gesetzes oder kraft Verfügung von Todes wegen ausgelöst wurden.
Aber nunmehr der BGH: Der Streit über einen Pflichtteilsanspruch kann durch letztwillige Verfügung nicht der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden.
Rz. 24
Der Pflichtteilsberechtigte ist zwar Nachlassgläubiger, aber seine Anspruchsgrundlage ist originär erbrechtlicher Natur und entsteht erst mit dem Erbfall – im Gegensatz zu Erblasserschulden, die auf der Grundlage von Rechtsgeschäften unter Lebenden begründet wurden. Für vermögensrechtliche Ansprüche erbrechtlicher Natur gelten die §§ 1066, 1030 Abs. 1 S. 1 ZPO.