Rz. 105

Vorzuziehen ist eine vermittelnde Auffassung, nach der dem Hilfsbedürftigen zwar zunächst abverlangt wird, die für ihn kostenfreien Angebote und Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes zur Erreichung seines Zieles wenigstens versuchsweise wahrzunehmen, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt. Nur soweit solche Bemühungen seitens des Jugendamtes bereits fehlgeschlagen oder erkennbar aussichtslos sind, kann die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein sofortiges gerichtliches Verfahren in Betracht kommen, da anderenfalls eine weitere Zeitverzögerung droht.[143] Mutwilligkeit ist also anzunehmen, wenn nach den konkreten Umständen im Einzelfall aussichtsreiche Möglichkeiten einer vorgerichtlichen Verständigung bestanden, die jedoch nicht genutzt wurden, könne.[144]

 

Rz. 106

 

Praxistipp:

Entscheidend ist letztlich der konkrete Kontext der beantragten Umgangsregelung im Einzelfall.
Relevant sein können dabei die Vorgeschichte, ein möglicher enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Trennung und der sofortigen Inanspruchnahme des Familiengerichts sowie das Konfliktniveau zwischen den Eltern.
Wird in "normalen Fällen" sofort ein Umgangsrechtsantrag beim Familiengericht gestellt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese Vorgehensweise als Mutwillig eingestuft und Verfahrenskostenhilfe verweigert wird.[145]
Zu bedenken sind immer auch die kostenrechtlichen Konsequenzen eines sofortigen Antrags an das Familiengericht. Denn es fallen nicht nur die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren an. Auch durch die regelmäßig notwendige Bestellung eines Verfahrensbeistandes werden weitere Kosten ausgelöst (siehe Rdn 86).

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