Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 225
Nach der Gesetzesbegründung ist unter Berücksichtigung der konkreten familiären Umstände zu prüfen, ob und ggf. inwieweit Umgangskontakte mit einem weiteren Vater/Mann für das Kind eine seelische Belastung darstellen würden, ob das Kind durch Umgangskontakte in einer dem Kindeswohl abträglichen Weise verunsichert würde, inwieweit die Kindesmutter und der leibliche Vater ggf. ihre Konflikte begrenzen könnten und wie der Umgang im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung des Kindes zu bewerten sei. Letztlich hat sich der Gesetzgeber bei der Prüfung der Kindeswohldienlichkeit an den Voraussetzungen für den Umgang anderer Bezugspersonen orientiert. Der insoweit für die Kindeswohlprüfung in § 1685 BGB zugrunde gelegte Maßstab kann jedoch nicht ohne weiteres übernommen werden. Denn beim Bestehen eines Anspruchs nach § 1686a BGB fehlt es gerade an einer sozial-familiären Beziehung zwischen dem Kind und seinem leiblichen Vater. Das aber ist Voraussetzung eines Anspruchs nach § 1685 Abs. 2 BGB. Darüber hinaus ist der leibliche Vater nicht mit den Bezugspersonen i.S. des § 1685 Abs. 2 BGB vergleichbar. Allein der Wunsch eines Kindes, seine Herkunft kennenzulernen oder die Einschätzung, ein offener Umgang mit den Realitäten entspreche am ehesten dem Interesse der Beteiligten, kann bei der Entscheidungsfindung nicht allein ausschlaggebend sein.
Rz. 226
BGH v. 5.10.2016 – XII ZB 280/15
Zitat
1. Allein der Umstand, dass sich die rechtlichen Eltern beharrlich weigern, einen Umgang des Kindes mit seinem leiblichen Vater zuzulassen, genügt nicht, um den entsprechenden Antrag gemäß § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB zurückzuweisen.
2. Ist einziger Grund für das Scheitern des Umgangs die ablehnende Haltung der rechtlichen Eltern und die damit einhergehende Befürchtung, dass diese mit einer Umgangsregelung psychisch überfordert wären und dadurch mittelbar das Kindeswohl beeinträchtigt wäre, sind strenge Anforderungen an die entsprechenden Feststellungen zu stellen.
3. Auch im Verfahren nach § 1686a BGB hat das Gericht das Kind grundsätzlich persönlich anzuhören.
4. Vor einer Anhörung bzw. einer etwaigen Begutachtung ist das Kind bei entsprechender Reife grundsätzlich über seine wahre Abstammung zu unterrichten, sofern ein Umgang nicht bereits aus anderen, nicht unmittelbar das Kind betreffenden Gründen ausscheidet.
Rz. 227
Anforderungen der gesetzlichen Schulpflicht für das Kind gemeinsam nachzukommen und wird bei dieser Sachlage nur eine Einschulung in der für das Kind ohnehin vorgesehenen öffentlichen Grundschule in Betracht kommen, kann das Gericht von einer entsprechenden ausdrücklichen Kompetenzübertragung zugunsten des Vaters absehen, insbesondere, wenn er diese nicht beantragt hat.