Rz. 119
Die Ausschlussgründe für die Strafbefreiung werden in § 371 Abs. 2 AO enumerativ aufgeführt:
Rz. 120
Gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO führt die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung bereits zur Sperrwirkung. Damit ist die frühere Rechtslage, nach der das Erscheinen eines Prüfers erforderlich war, auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nach § 122 AO vorverlagert. Der Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO lässt pauschal die Bekanntgabe "einer" Prüfungsanordnung ausreichen. Die Bekanntgabe kann auch einem anderen an der Tat Beteiligten gegenüber erfolgen, was in Fällen mit mehreren Ansprechpartnern – wie etwa bei mehreren Mitgliedern der Erbengemeinschaft – die Bewertung der Situation deutlich erschwert. Angesichts der gesetzgeberischen Gründe für den Ausschluss der Selbstanzeige dürfte allerdings die Prüfungsanordnung die Selbstanzeige grundsätzlich nur für die Taten sperren, auf die sich die Prüfungsanordnung (inhaltlich und zeitlich) bezieht (§ 371 Abs. 2 S. 2 AO). Die Ausschlussgründe für die Strafbefreiungswirkung einer Selbstanzeige sind nach der hier vertretenen Auffassung daran gekoppelt, dass der Täter aufgrund der ohnehin durch die Finanzbehörden intendierten Sachaufklärung im Rahmen der Prüfung sein Handlungsunrecht durch die Selbstanzeige nicht mehr kompensieren können soll.
Rz. 121
Gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 1c AO tritt die Sperrwirkung dann ein, wenn vor einer Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Erklärung ein Amtsträger zur Steuerprüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit erscheint. Gleiches soll bei einem Amtsträger nach § 371 Abs. 2Nr. 1c und 1d erfolgen, der zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit respektive einer Umsatzsteuernachschau erschienen ist. "Erscheinen" bedeutet insoweit mehr als bloße Ankündigung der steuerlichen Prüfung, z.B. durch Übersendung der Prüfungsanordnung oder der Ankündigung durch die Steuerfahndung in telefonischer oder schriftlicher Form durch ein sogenanntes Erörterungsschreiben. Allerdings sollte es genügen, wenn ein Amtsträger der Finanzbehörde an Ort und Stelle einzelne Maßnahmen einer Prüfung (z.B. Einsichtnahmen in Unterlagen über ein bestimmtes Bankkonto) zur Aufklärung eines Sachverhalts durchführen will. Die Sperrwirkung begrenzt sich allerdings auf denjenigen, bei dem der Amtsträger erscheint. Miterben, bei denen dies nicht der Fall ist, können selbstverständlich ihrerseits noch eine strafbefreiende Selbstanzeige wirksam erklären.
Rz. 122
Bei der Bekanntgabe der Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens ist allein der Tatbegriff zu diskutieren. Es wird von einem weiten Tatbegriff ausgegangen. Betrifft die Bekanntgabe des eingeleiteten Verfahrens z.B. eine Einkommensteuerhinterziehung des Jahres 2015, so ist eine Selbstanzeige hinsichtlich sämtlicher einkommensteuerrechtlicher Sachverhalte ausgeschlossen. Es gilt der weite strafprozessuale Tatbegriff des § 264 StPO. Hingegen kann derjenige, demgegenüber die Bekanntgabe der Einleitung eines Strafverfahrens wegen Einkommensteuerhinterziehung 2015 erfolgt, wegen einer im selben Jahr stattgefundenen Umsatzsteuerhinterziehung durchaus noch eine Selbstanzeige wirksam erklären. Derartige Ausschlussgründe lagen in Beispiel 36 (siehe Rdn 108) nicht vor: K hat ihre Erklärung hinsichtlich der bislang nicht erklärten Kapitaleinkünfte nachgeholt.
Rz. 123
Weitere seit dem 1.1.2015 zusätzlich verschärfte Voraussetzung für eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige ist, dass der Steuerpflichtige die zu seinen Gunsten hinterzogene Steuer sowie die Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) innerhalb einer angemessenen Frist nachentrichtet. Immerhin handelt es sich angesichts der verlängerten Frist auf 10 Jahre um bis zu 60 % des Hinterziehungsbetrages. Die K im Fall 36 würde also im Falle der fristgerechten Nachzahlung straffrei ausgehen.
Fraglich ist dies für den Miterben B durch die Angaben von K, die diese nicht im Namen oder mit Vollmacht des B abgegeben hat. Möglicherweise könnte darin eine Sperrwirkung für eine wirksame Selbstanzeige des B resultieren. In Betracht kommt insoweit die Tatendeckung gemäß § 371 Abs. 1 Nr. 2 AO. Liegt einer der in § 371 Abs. 2 AO genannten Tatbestände vor, so spricht man von einer Sperrwirkung. Der Sinn dieser Regelung liegt darin, dass der Steuerpflichtige nicht zunächst das Erscheinen eines Prüfers oder Fahn...