Dr. iur. Artur-Konrad Wypych
Rz. 77
Maßgebend ist das Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt – Produktsicherheitsgesetz (ProdSG). Diese Vorschrift ist am 1.12.2011 in Kraft getreten und hat als Umsetzung von elf Produktrichtlinien der EU, sowie der direkt geltenden Verordnung zur Akkreditierung und Marktüberwachung (765/2008/EG) das bisherige Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) abgelöst. Ziel des Gesetzes ist – neben dem Verbraucherschutz – die Vermeidung von Gefährdungen Beschäftigter bei der Verwendung von Werkzeugen, Geräten und technischen Anlagen aller Art als Arbeitsmittel. In der Systematik des Gesetzes gelten technische Arbeitsmittel nach wie vor als "Produkte", auch wenn das ProdSG im Gegensatz zur Vorläuferregelung die entsprechende ausdrückliche Begriffsbestimmung nicht mehr enthält. Zunächst werden vom ProdSG Anforderungen an die Sicherheit technischer Arbeitsmittel gestellt, bevor diese in den Verkehr gebracht werden dürfen. Zu prüfen sind dabei nicht nur die Gefährdungen, die sich aus dem bestimmungsgemäßen Gebrauch, sondern gerade auch diejenigen, die sich aus einem vorhersehbaren abweichenden, d.h. aus einem Fehlgebrauch des Arbeitsmittels ergeben können. Zu den Arbeitsmitteln zählen u.a. persönliche Schutzausrüstungen wie Helme, Brillen, Schutzanzüge.
Rz. 78
Zu beachten ist die Schnittstelle zwischen Produktsicherheits- und Arbeitsschutzrecht. Regelungsinhalt des ProdSG sind die mit der Bereitstellung eines Produktes (Arbeitsmittels) auf dem Markt verbundenen Gefahren. Sein Regelungsanspruch endet jedoch mit der Verwendung eines Produktes, d.h. dessen konkreter Verwendung als Arbeitsmittel (Klindt, a.a.O., Rn 4 zu § 3 ProdSG). Dort beginnt dann das Schutzregime der BetrSichV. "Die Beschaffenheit von Produkten richtet sich immer dann nicht allein nach GPSG (heute: ProdSG), wenn sie an Arbeitsplätzen Anwendung finden" (VG Regensburg, 31.3.2011 – RN 5 K 09.2518). Somit bestehen für Arbeitsmittel zwei Sicherheitsschranken, zum einen über die Pflichten des Herstellers bzw. Inverkehrbringers aus dem ProdSG, zum anderen über die vergleichbaren Schutzpflichten des Arbeitgebers aus der BetrSichV (siehe Rdn 47 ff.).
Rz. 79
Die Anforderungen des ProdSG gelten neben Technischen Arbeitsmitteln und Schutzausrüstungen auch für Errichtung und Betrieb von technischen Anlagen mit besonderer Gefährlichkeit. Der dafür verwendete Begriff "überwachungsbedürftige Anlagen" wurde vom ProdSG aus der GewO übernommen und steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Die von den Bestimmungen des ProdSG betroffenen Anlagen sind in § 2 Nr. 30 im Einzelnen aufgeführt, z.B. Dampfkessel, Druckbehälter oder Aufzugsanlagen. Verschiedene Ausführungsverordnungen (ProdSV) zum ProdSG regeln die Einzelheiten zu Errichtung, Betrieb und Überwachung der betroffenen Anlagen, sowie Anforderungen an sonstige Gegenstände. Für den Betrieb wichtig sind insb. die 8. ProdSV für persönliche Schutzausrüstungen, sowie die 9. ProdSV, die sog. Maschinenverordnung.
Rz. 80
Das ProdSG enthält ferner Einzelheiten zur Kennzeichnung von Produkten aller Art mit den Zeichen "CE" (= entspricht den EU-Sicherheitsvorschriften, vgl. §§ 7 ff. ProdSG) und "GS" (= Geprüfte Sicherheit, vgl. §§ 20 ff. ProdSG). Während die GS-Kennung von einer unabhängigen Prüfstelle vergeben wird, handelt es sich bei dem CE-Kennzeichen lediglich um eine Selbstauskunft des Herstellers. Dieser erklärt damit eigenständig, dass das von ihm in Verkehr gebrachte Produkt mit den jeweils geltenden europäischen Vorgaben übereinstimmt (vgl. dazu ausführlich Klindt, § 7 Rn 1 ff und § 20 Rn 1 ff.).