Rz. 331

Auf der Ebene der Aktiengesellschaft kann die freie Vererblichkeit der Aktien kaum gesteuert werden. Abtretungsklauseln sind generell unzulässig und Einziehungsklauseln sind aufgrund der damit verbundenen Kapitalherabsetzung kaum praktikabel. Eine sachgerechte Steuerung der Nachfolge ist daher nur außerhalb der Satzung möglich. Zu diesem Zweck können einzelne Aktionäre (z.B. eines Familienstamms) ihre Rechte und Interessen in einem Poolvertrag koordinieren.[242]

 

Rz. 332

Meist werden die Aktionäre dabei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gründen und ihre Aktien in das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft einbringen. Die Nachfolge in die Aktien kann dann durch entsprechende erbrechtliche Regelungen im Gesellschaftsvertrag der GbR (z.B. Fortsetzungsklausel, Nachfolgeklausel, Eintrittsklausel) mittelbar beeinflusst werden.

 

Rz. 333

Bei Aktionären, die mit mehr als 25 Prozent am Grundkapital der Aktiengesellschaft beteiligt sind, kann die Beteiligung an dieser GbR allerdings erbschaftsteuerrechtlich nachteilig[243] sein. Für die dann vorliegende mittelbare Beteiligung[244] an der Aktiengesellschaft werden – trotz der steuerlichen Transparenz der bloß vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG) – die Vergünstigungen für Betriebsvermögen (§§ 13a ff. ErbStG) nicht gewährt.[245]

 

Rz. 334

Neben der Errichtung einer GbR ist auch eine rein schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Aktionären möglich, bei denen die Aktien im alleinigen Eigentum der Aktionäre verbleiben. In diesem Fall gehen die Aktien mit den entsprechenden schuldrechtlichen Verpflichtungen (z.B. Stimmbindungen, Wahrnehmung der Rechte durch einen gemeinsamen Vertreter) auf den Erben über. Zur Regelung der Nachfolge können ergänzend Ankaufs-, Vorkaufs- und Eintrittsrechte vereinbart werden.

[242] Ausf. zu Aktionärsvereinbarungen Sickinger, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 11, S. 234 ff. – Zu Fragen eines Familienpools, der Aktien börsennotierter Gesellschaften hält, siehe auch Mutter, DStR 2007, 2013; Mutter, ZEV 2007, 512. – Zu gesellschaftsrechtlichen Fragen von Poolverträgen siehe BGH, Urt. v. 24.11.2008 – II ZR 116/08, DB 2009, 217 = ZIP 2009, 216 = DStR 2009, 280 = NZG 2009, 183 = BB 2009, 455 m. Anm. König = NJW 2009, 669 = GmbHR 2009, 306 m. Anm. Gottschalk = AG 2009, 163 = EWiR 2009, 173 (Göz). Ausf. dazu Podewils, BB 2009, 733; K. Schmidt, ZIP 2009, 737; Wälzholz, GmbHR 2009, 1020; Wertenbruch, NZG 2009, 645.
[243] Bei Aktiengesellschaften besteht ein weiterer erbschaftsteuerlicher Nachteil insoweit, als der Vorwegabschlag von bis zu 30 % für Familienunternehmen von der Finanzverwaltung nicht gewährt wird, siehe R E 13a.20 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 ErbStR 2019. Näher zum Vorwegabschlag u.a. Uhl-Ludäscher, ErbStB 2017, 42; Wälzholz, GmbH-StB 2017, 54; Weber/Schwind, ZEV 2016, 688; Wiedemann/Breyer, FuS 2018, 4 (Teil I), FuS 2018, 40 (Teil II) und FuS 2018, 88 (Teil III).
[244] Mittelbare Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft sind nicht begünstigt. Dies gilt auch dann nicht, wenn die Beteiligung über eine steuerlich transparente Personengesellschaft gehalten wird. So BFH, Urt. v. 11.6.2013 – II R 4/12, BStBl II 2013, 742 = DStR 2013, 1536 = GmbHR 2013, 940 m. Anm. Milatz/Müller = BB 2013, 2533 m. Anm. Zipfel. Siehe dazu auch H E 10.4 ErbStR 2019. Ausf. dazu u.a. Daragan, ZErb 2013, 319; Geck, ZEV 2013, 601; Hübner, DStR 2013, 2257.
[245] Der BFH hat im Jahr 2019 erstmals zu den Anforderungen an eine wirksame Poolvereinbarung i.S.d. ErbStG Stellung genommen, siehe BFH, Urt. v. 20.2.2019 – II R 25/16, BStBl II 2019, 779 = GmbHR 2019, 844 = DStR 2019, 1261 = DB 2019, 1426 = ZEV 2019, 431 = ZIP 2019, 1420 = NZG 2019, 838 = DStRK 2019, 201 m. Anm. Pauli = GmbH-StB 2019, 219 m. Anm. Kirschstein = MittBayNot 2020, 86 m. Anm. Dahlmanns = ErbStB 2019, 221 m. Anm. Kirschstein. Siehe dazu H E 13b.6 ErbStR 2019. – Ausf. zum Ganzen Eiling, NWB-EV 2019/10, 330; Fuhrmann, NZG 2019, 1016; Grisar, GmbHR 2020, 1161; Hell, NJW-Spezial 2020, 143; Hoffmann, ErbR 2021, 939; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401; Knittel, ErbStB 2018, 339; Lohr, GmbH-StB 2020, 88; Meilicke/Scholz, DStR 2019, 1377; Mylich, RFamU 2022, 10. – Zuvor bereits Feick/Nordmeier, DStR 2009, 893; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401; Kreklau, BB 2009, 748; Lahme/Zikesch, DB 2009, 527; v. Oertzen, in: FS Schaumburg, 2009, S. 1045 ff.; Weber/Schwind, ZEV 2009, 16; Wehage, ErbStB 2009, 148; Zipfel/Lahme, DStZ 2009, 615.

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