Rz. 55

Die Möglichkeit einer pflichtteilsfesten Übertragung klingt zwar verlockend, ist aber auch mit großen Gefahren verbunden. Stirbt der Ehegatte mit dem zuvor geringeren Vermögen, erbt der überlebende Ehegatte den so übertragenden Teil wieder zurück. Es liegt auf der Hand, dass gerade in den Fällen der Patchwork-Familie, also nicht gemeinsamer Abkömmlinge, so Pflichtteilsansprüche in die Höhe schnellen können.

 

Praxishinweis

Bei der Vereinbarung der Gütergemeinschaft durch Ehevertrag ist insb. in den Fällen nicht gemeinsamer Abkömmlinge immer eine Vergleichsberechnung durchzuführen, ob die Vorteile einer nachlassfreien Hälfte aufgrund der Entstehung von Gesamtgut nicht durch die Nachteile einer höheren Pflichtteilsquote etc. überwogen werden!

 

Beispiel

Nur der Ehemann hat aus der ersten und aus seiner zweiten Ehe jeweils eine Tochter. Die eigene (dritte) Ehe blieb kinderlos. Die Töchter sollen nach seinem Tod so wenig wie möglich bekommen und werden auf den Pflichtteil gesetzt. Zudem soll nunmehr die Gütergemeinschaft vereinbart werden.

Lohnt sich dies im Einzelfall?

Variante 1:

Das Anfangsvermögen des Ehemanns beträgt 250.000 EUR, das der Ehefrau 25.000 EUR. Bei Zugewinngemeinschaft erhielten die beiden Kinder zusammen 67.500 EUR, also ein ¼ des Vermögens vom Vater. Bei einer Gütergemeinschaft wäre der Pflichtteil 51.562,50 EUR. Dieser errechnet sich wie folgt:

Gesamtgutvermögen 275.000 EUR (250.000 EUR + 25.000 EUR) – ½ = 137.500 EUR x ⅜

Bei dieser Variante wäre somit die Vereinbarung einer Gütergemeinschaft vorteilhaft.

Variante 2:

Das Anfangsvermögen des Ehemanns beträgt 250.000 EUR, das der Ehefrau 125.000 EUR. Bei einer Zugewinngemeinschaft erhielten die beiden Kinder zusammen 67.500 EUR, also ¼ des Vermögens vom Vater. Bei einer Gütergemeinschaft wäre der Pflichtteil 70.312,50 EUR. Dieser errechnet sich wie folgt:

Gesamtgutvermögen 375.000 EUR (250.000 EUR + 125.000 EUR) – ½ = 187.500 EUR x ⅜

Bei der Variante 2 erhalten die Kinder des verstorbenen Ehemannes zusammen mehr, als wenn es bei der Zugewinngemeinschaft geblieben wäre. Hier wäre also die Vereinbarung der Gütergemeinschaft nachteilig.

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