Dr. Michael Bonefeld, Katrin Heindl
Rz. 66
Hat der Erblasser bereits seine Zustimmung zur Scheidung erteilt, und will er die Wirkungen des § 1933 BGB wieder beseitigen, bleibt ihm die Möglichkeit des Widerrufs nach Maßgabe des § 134 Abs. 2 FamFG, d.h. die Zustimmung zur Scheidung kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts widerrufen werden.
Praxishinweis
Auch der Widerruf der Zustimmung zur Ehescheidung durch den Erblasser ist möglich. Dann lebt das Ehegattenerbrecht des überlebenden Ehegatten wieder auf!
Rz. 67
Ferner wird häufig übersehen, dass lediglich das Erbrecht des anderen, nicht scheidungswilligen Ehegatten ausgeschlossen wird, wenn die Voraussetzungen des § 1933 BGB gegeben sind. Wird der Antrag auf Scheidung abgewiesen, so beseitigt das abweisende Urteil erst mit Eintritt der Rechtskraft die materiell-rechtlichen Wirkungen des § 1933 BGB. Dies gilt jedenfalls dann, wenn vom Erblasser noch Rechtsmittel eingelegt wurden. Nach h.M. gilt dies auch, wenn der Erblasser aufgrund seines Todes dieses Rechtsmittel nicht mehr nutzen konnte.
Rz. 68
Ist der Erblasser während des Scheidungsverfahrens verstorben, kommt es darauf an, ob die Ehe auch ohne Erledigung des Verfahrens aufgrund des Todes des Erblassers gemäß § 131 FamFG auf seinen Antrag oder mit seiner Zustimmung geschieden oder aufgehoben worden wäre. Dementsprechend müssen die Scheidungsvoraussetzungen gegeben sein. Hierfür trägt derjenige die Beweislast, der sich auf die Anwendung des §§ 1933, 2077 BGB beruft. Lebten die Ehegatten beim Erbfall noch kein Jahr getrennt, so ist entscheidend, ob es für den Erblasser zumutbar war, das Trennungsjahr abzuwarten. Kann ein Scheitern festgestellt werden, unterblieb aber der Scheidungsausspruch, weil noch über Folgesachen mit entschieden werden sollte, ist es unerheblich, dass die Trennung noch nicht drei Jahre dauerte.
Praxishinweis
Stirbt ein Ehegatte während eines Ehescheidungsverfahrens, erledigt sich die Hauptsache kraft Gesetzes gem. § 131 FamFG. Dementsprechend braucht das Verfahren nicht für erledigt erklärt zu werden. Vorsorglich sollte aber ein Erledigungsbeschluss beantragt werden.
Rz. 69
Die Reichweite des § 131 FamFG muss also vom Rechtsanwalt richtig eingeschätzt werden. Zwar erledigt sich das Scheidungsverfahren beim Tod seines Ehepartners. Zum Wegfall des Ehegattenerbrechts kommt es aber nur, wenn auch die Voraussetzungen der Scheidung der Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits gegeben waren. Noch höchstrichterlich ungeklärt, nach Sinn und Zweck der Vorschrift aber abzulehnen ist, ob die Erklärungen nach § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG zu den Voraussetzungen der Scheidung i.S.v. § 1933 S. 1 BGB rechnen. In jedem Fall aber muss das Scheitern der Ehe positiv festgestellt werden.
Rz. 70
Der Erbe kann somit in erhebliche Beweisschwierigkeiten kommen. Dies gilt sowohl für den Wegfall des Ehegattenerbrechts nach § 1933 BGB als auch nach § 2077 BGB. Die Rücknahme des Scheidungsantrags durch den überlebenden Ehegatten nach dem Erbfall beseitigt die Wirkungen des § 1933 BGB nicht.
Praxishinweis
In der Praxis wird häufig übersehen, dass der Erbe beim Tod des Erblassers im Scheidungsverfahren für das Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen beweispflichtig ist. Behauptet der überlebende Ehegatte, man sei kurz vor der Versöhnung gewesen, muss der Erbe diese Behauptung im Nachlassverfahren widerlegen. Deshalb sollte der Anwalt trotz Aussicht auf eine einvernehmliche Scheidung immer dafür Sorge tragen, dass Beweismittel für eine Zerrüttung der Ehe vorliegen, um sie z.B. im Nachlassverfahren vorlegen zu können. Gelingt der Nachweis, sind also die Voraussetzungen des § 1933 gegeben, verliert der überlebende Ehegatte nicht nur sämtliche erbrechtlichen Ansprüche, wie sein gesetzliches Erbrecht nach § 1931 BGB oder den Voraus gemäß § 1932 BGB, sondern es steht ihm auch kein Pflichtteilsrecht nach § 2303 Abs. 2 S. 1 BGB zu. Lediglich der Zugewinnausgleich kann weiterhin von ihm beansprucht werden. Ferner bleibt es beim Unterhaltsanspruch nach § 1933 S. 3 BGB, der auf die Vorschriften der §§ 1569–1586b BGB verweist. Aufgrund von § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB ist dieser Unterhaltsanspruch jedoch auf den fiktiven güterstandsunabhängigen Pflichtteil begrenzt.
Rz. 71
In diesem Zusammenhang sollte noch überprüft werden, ob der Ehegatte auf sein gesetzliches Erbrecht oder auf den Pflichtteil gemäß § 2346 BGB verzichtet hat, da damit auch der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Erben (§ 1586b BGB) entfallen kann. Gleiches gilt für den Pflichtteilsentzug gemäß § 2335 BGB. Die vorgenannten Auswirkungen beziehen sich nicht nur auf Ehegatten, sondern gelten auch gemäß § 10 Abs. 3 LPartG für eingetragene Lebenspartnerschaften, wenn ein Aufhebungsantrag etc. gestellt wurde.