Dr. Michael Bonefeld, Katrin Heindl
I. Minderjährigenadoption
1. Voraussetzungen einer Minderjährigenadoption
Rz. 182
Verheiratete Paare können nach § 1742 BGB ein Kind nur gemeinsam annehmen. Eine Adoption nur von einem Ehepartner ist somit nicht möglich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist dann zu machen, wenn es sich um eine Stiefkindadoption handelt, also das Kind des Ehepartners angenommen wird. Bei einer gemeinsamen Adoption muss ein Ehegatte das 24., der andere Ehegatte das 20. Lebensjahr vollendet haben. Bei der Adoption nur durch einen Beteiligten muss nach § 1743 BGB diese Person mindestens 25 Jahre alt sein, im Fall der Annahme des Stiefkindes seines Ehepartners 21 Jahre. Das Gesetz gibt keine Vorgaben in Hinblick auf eine etwaige Kinderlosigkeit, eine Mindestehedauer oder ein Mindestaltersunterschied zwischen Annehmenden und Anzunehmendem. In der Praxis werden dennoch diese Punkte von den staatlichen Adoptionsvermittlungsstellen berücksichtigt.
Nicht verheiratete Personen können ein Kind nur allein annehmen.
Rz. 183
Nach § 1744 BGB muss das anzunehmende Kind mindestens acht Wochen alt sein, wobei das Kind eine angemessene Zeit (sog. Probezeit) in Pflege gehabt haben muss. Eine Adoption ist nur dann zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass ein Eltern-Kind Verhältnis entsteht (nicht besteht), vgl. § 1741 BGB.
2. Verfahren und Einwilligungen
Rz. 184
Voraussetzung ist zunächst ein notariell zu beurkundender Antrag, der beim Familiengericht nach § 1750 BGB einzureichen ist. Die Erklärung der annahmewilligen Person hat höchstpersönlich zu erfolgen, so dass eine Bevollmächtigung nicht möglich ist. Der Antrag kann bis zum gerichtlichen Adoptionsausspruch jederzeit persönlich zurückgenommen werden. Die Gebühren für die Vorbereitung und Beurkundung eines solchen Antrags bei Adoption Minderjähriger werden nicht nach den tatsächlichen Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Beteiligten berechnet, sondern aus einem Wert von 3.000 EUR. Die Notariatskosten sind somit sehr moderat und belaufen sich abhängig von den erforderlichen Einwilligungen ca. zwischen 70 und 150 EUR. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Rz. 185
Die notwendigen Einwilligungen sind in §§ 1746 ff. BGB geregelt. Danach muss selbst ein minderjähriges Kind als Anzunehmender in die Adoption einwilligen. Sofern das Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wird die Einwilligung unmittelbar durch die gesetzlichen Vertreter erklärt. Hat das Kind das 14. Lebensjahr bereits vollendet, kann es diese Einwilligung nur selbst höchstpersönlich erteilen. Die Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter ist allerdings notwendig, vgl. §§ 1747 ff. BGB.
Rz. 186
Die Einwilligung des Kindes und gegebenenfalls die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter kann bereits vor Stellung des Adoptionsantrags erteilt werden. Sie wird mit Zugang beim Familiengericht wirksam. Das Kind selbst kann seine Einwilligung, auch wenn sie sich bereits beim Amtsgericht – Familiengericht – befindet, bis zum Adoptionsausspruch notariell beurkundet widerrufen, nicht aber die gesetzlichen Vertreter ihre Einwilligungs- oder Zustimmungserklärung. Wenn ein Vormund oder Pfleger die erforderliche Einwilligungserklärung im Namen des Kindes oder die Zustimmung zur Einwilligungserklärung des Kindes selbst ohne triftigen Grund verweigert, kann sie durch das Familiengericht ersetzt werden, vgl. § 1748 BGB.
3. Erbrechtliche und allgemeine Auswirkungen der Adoption
Rz. 187
Durch die Minderjährigenadoption erlöschen die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse, vgl. §§ 1754 ff. BGB. Das minderjährige Kind verliert somit sein Erbrecht gegenüber seinen Eltern. Nach § 1755 BGB erlischt nicht nur das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinen Verwandten wie Eltern und Großeltern etc., sondern auch für die Abkömmlinge des Kindes. Nimmt allerdings ein Ehegatte das Kind seines Ehegatten an, so tritt nach § 1755 Abs. 2 BGB das Erlöschen nur im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten ein. Eine Ausnahme gilt nur für Sozialleistungen, wie z.B. Renten oder Waisengeld, die als Ansprüche des Kindes bereits vor der Adoption entstanden sind (§ 1755 Abs. 1 S. 2 BGB). Weitere Besonderheiten gelten, wenn die Annehmenden mit dem Kind im 2. oder 3. Grad verwandt oder verschwägert sind; es erlöschen dann nur die Verwandtschaftsverhältnisse des Kindes zu seinen unmittelbaren Eltern. Dies hat dann z.B. zur Folge, dass ein Kind drei Großelternpaare hat, wenn es durch seinen Onkel und dessen Ehefrau angenommen wird.
Rz. 188
Die bisherigen leiblichen Eltern des Kindes müssen gemäß § 1747 BGB persönlich in die Adoption einwilligen, wobei auch hier keine Stellvertretung erlaubt ist. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Eltern noch personensorgeberechtigt waren oder nicht. Die Einwilligung der Eltern kann frühestens erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Sie kann auch bereits vor Stellung des Adoptionsantrags erklärt werden, wobei die Person des/der Annehmenden bereits feststehen muss, vgl. § 1747 Abs. 2 BGB. Zwar ist eine Inkognito Adoption möglich. Adoptierte können aber ab Vollendung des 16. Lebensjahrs ohne Zustimmung ihrer Adoptiveltern in den Geburtseintr...