Dr. Michael Bonefeld, Katrin Heindl
Rz. 129
Beim Einzelkonto ist nur eine Person Inhaber des Kontos. Das Konto bleibt auch beim Tod des Kontoinhabers zunächst bestehen. Auf den Erben gehen das Girovertragsverhältnis und die Einlageforderung über. All dies bedeutet, dass im Außenverhältnis tatsächlich der Erblasser Alleineigentümer des Einzelkontos ist. Von erbrechtlicher Relevanz ist aber auch das Innenverhältnis.
Beispiel
Die Eheleute M und S sind beide berufstätig. Beide Löhne fließen auf das Einzelkonto des Ehemanns M, an dem die Ehefrau Kontovollmacht hat.
Rz. 130
Bei einer derartigen Konstellation bekommt die Entscheidung des BGH v. 11.9.2002 besondere Wichtigkeit. In dieser Entscheidung hat der BGH zur Frage der Teilhabe eines Ehegatten am Guthaben auf Sparkonten des anderen Ehegatten Stellung genommen. Der BGH führt Folgendes aus:
Zitat
"Der Inhaber eines Einzelkontos ist zwar nicht nur alleiniger Gläubiger einer Guthabensforderung gegenüber der Bank, also Berechtigter im Außenverhältnis. Ihm steht vielmehr im Regelfall das Guthaben auch im Innenverhältnis der Ehegatten alleine zu. Die Ehegatten können aber – auch stillschweigend – eine Bruchteilsberechtigung des Ehegatten, der nicht Kontoinhaber ist, an der Kontoforderung vereinbaren. Unter welchen Voraussetzungen eine solche konkludente Vereinbarung anzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Leisten etwa beide Ehegatten Einzahlungen auf ein Sparkonto und besteht Einvernehmen, das die Ersparnisse beiden zugutekommen sollen, so steht ihnen die Forderung gegen die Bank im Innenverhältnis im Zweifel zu gleichen Anteilen gem. §§ 741 ff. BGB zu".
Rz. 131
Nach alledem muss also beim Einzelkonto danach differenziert werden, ob ggf. im Innenverhältnis eine andere Vereinbarung gelten soll als im Außenverhältnis. Die Rechtsbeziehung der Eheleute hinsichtlich des Kontos zueinander bestimmt sich nach den §§ 741 ff. BGB, also nach den Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft. Wegen § 742 BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen. Für diese rechtsgeschäftlich begründete Gemeinschaft enthält die Bestimmung eine Auslegungsregel. Sie gilt also nicht, falls sich aus dem Parteiwillen oder aus den besonderen Umständen ein anderer Verteilungsschlüssel ergibt. Damit eine Bruchteilsgemeinschaft entsteht, bedarf es eines einvernehmlichen Willens hinsichtlich der Teilhabe am Einzelkonto.
Anhaltspunkte für ein Einvernehmen i.S.d. BGH-Rspr. können Absprachen über die Verwendung des Er- bzw. Angesparten sein. Zahlen beide Ehegatten auf ein Konto Geld ein und werden anschließend von diesem Konto gemeinsame Anschaffungen wie z.B. Hausrat oder Pkw getätigt, spricht vieles für eine gemeinsame Teilhabe an dem Einzelkonto. Die bloße Erteilung einer Kontovollmacht wird für sich allein genommen nicht für das Entstehen einer Bruchteilsgemeinschaft ausreichen. Hinzukommen müssten dann wenigstens Einzahlungen des nicht kontoführenden Ehegatten auf das Einzelkonto des anderen.
Rz. 132
Diese Grundsätze lassen sich auch auf andere Lebenssachverhalte übertragen. Nicht nur bei Konten, sondern auch bei Bausparverträgen, Lebensversicherungen und anderen Formen der Vermögensbildung kann auf diese Weise eine Bruchteilsgemeinschaft gegründet werden.
Die Bildung einer Bruchteilsgemeinschaft ist außerdem nicht den Ehegatten vorbehalten, auch nichteheliche Lebensgemeinschaften und eingetragene Lebenspartner können ohne weiteres eine Bruchteilsgemeinschaft gem. §§ 741 ff. BGB begründen.
Rz. 133
Nach § 749 Abs. 1 BGB kann jeder Teilhaber jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Demzufolge ist im Ausgangsbeispiel der Ehefrau zu raten, nunmehr diesen Aufhebungsanspruch nach § 749 Abs. 1 BGB geltend zu machen. Die Bruchteilsgemeinschaft wird selbst nicht durch den Tod aufgelöst. Es bedarf somit einer ausdrücklichen oder zumindest konkludenten Forderung, nunmehr diese Bruchteilsgemeinschaft am Einzelkonto aufzuheben. Bei einem Konto erfolgt nach § 752 BGB die Teilung in Natur oder durch den Verkauf gemeinschaftlicher Forderungen nach §§ 753, 754 BGB. Weigern sich die Erben, den Aufhebungsanspruch aus § 749 BGB zu akzeptieren, so muss ähnlich wie bei § 2042 BGB die Auseinandersetzung betrieben werden. Demzufolge war nach bisheriger Ansicht eine Auseinandersetzungsklage einzureichen, die auf Zustimmung zur Teilung gerichtet ist. Das erwirkte Urteil ersetzt dann gem. § 894 ZPO die Zustimmung zur Teilung. Nach neuer und richtiger Ansicht kann eine Klage auch gleich auf Leistung mit dem Antrag auf Vornahme bzw. Duldung der konkreten Handlung, die zur Durchführung der Teilung erforderlich ist, gerichtet werden. Ein Antrag auf Zustimmung ist danach nicht mehr notwendig, schadet aber auch nicht.
Praxishinweis
Zunächst ist gegenüber den Erben die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft hinsichtlich des Einzelkontos zu verlangen und anschließend die Zustimmung zur Teilung einzufordern. Wird diese verweigert, ist nach neuer Ansicht Zahlungsk...