Dr. iur. Marcus Hartmann, Walter Krug
Rz. 322
Zum Errichtungsstatut für Erbverträge gehören nach Art. 25 Abs. 1 EuErbVO neben der Zulässigkeit und Wirksamkeit auch die Bindungswirkung und die Voraussetzungen, unter denen sich Beteiligte vom Erbvertrag lösen können. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b EuErbVO ist ein Erbvertrag eine Vereinbarung, die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass oder künftigen Nachlässen einer oder mehrerer an dieser Vereinbarung beteiligter Personen begründet, ändert oder entzieht. In den Anwendungsbereich der Norm fallen wegen des weiten Wortlauts auch Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge sowie Schenkungen auf den Todesfall, soweit sie nicht unter Lebenden bereits vollzogen werden.
Rz. 323
Wie auch bei Art. 24 EuErbVO kommt es allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages an (hypothetisches Erbstatut).
Rz. 324
Verfügt nur ein Beteiligter über seinen künftigen Nachlass, ist allein das Errichtungsstatut für diesen Beteiligten relevant.
Handelt es sich um einen Erbvertrag mit Verfügungen von mehreren Personen, differenziert Art. 25 Abs. 2 EuErbVO: Der Erbvertrag muss nach jeder Rechtsordnung, die für die letztwillig verfügenden Beteiligten gilt, zulässig sein. Für Wirksamkeit, Bindungswirkung und Auflösung kommt es dagegen nur auf das Errichtungsstatut an, zu dem der Erbvertrag die engste Verbindung aufweist. Für die engste Verbindung ist regelmäßig auf das Recht des Abschlussortes, hilfsweise auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts oder auf die Staatsangehörigkeit der Beteiligten abzustellen. Auch das Recht des Belegenheitsstaates von Vermögen oder der Urkundensprache können herangezogen werden.
Rz. 325
Nach Art. 25 Abs. 3 EuErbVO können die Beteiligten des Erbvertrages die Rechtsordnung wählen, die über Zulässigkeit, Wirksamkeit und Bindungswirkung, einschließlich der Voraussetzungen der Auflösung des Erbvertrages, bestimmt. Zur Rechtswahl verweist die Norm auf Art. 22 EuErbVO. Haben die Beteiligten eine einheitliche Staatsangehörigkeit, können sie das Errichtungsstatut des Staates wählen, dem sie angehören. Haben die Beteiligten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, muss ein einheitliches Errichtungsstatut aus dem Kreis der Beteiligten gewählt werden, die über ihr Vermögen letztwillig verfügen. Dies folgt aus Art. 25 Abs. 2 EuErbVO: Wenn die Wirksamkeit, Bindungswirkung und Lösung von einem Erbvertrag einheitlich anhand der Rechtsordnung der engsten Verbindung bestimmt werden, wäre es widersinnig, für die Rechtswahl kumulativ auf sämtliche Rechtsordnungen abzustellen, die für die Beteiligten wegen ihrer unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten gelten.
Rz. 326
Praxishinweis
Von Bedeutung für die Rechtswahl ist, dass auch die Zulässigkeit des Erbvertrages der Rechtswahl unterliegt und deswegen das gesamte Errichtungsstatut anhand einer einheitlichen Rechtsordnung für alle Beteiligten festgestellt werden kann. Unterbleibt dagegen eine Rechtswahl, muss die Zulässigkeit des Erbvertrages anhand jeder einzelnen Rechtsordnung der Beteiligten festgestellt werden. Nur die Wirksamkeit, Bindungswirkung und Voraussetzungen der Auflösung des Erbvertrages unterliegen für diesen Fall einer einheitlichen Rechtsordnung.