Dr. iur. Marcus Hartmann, Walter Krug
1. Primärer Unrichtigkeitsnachweis: Erbschein und Europäisches Nachlasszeugnis
Rz. 11
Der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs kann bei der Erbfolge nur durch solche Urkunden geführt werden, die in § 35 GBO genannt sind.
Die Erbfolge ist vorrangig mittels Erbscheins nachzuweisen, § 35 Abs. 1 S. 1 GBO. Bei gesetzlicher Erbfolge – die in etwa in 80 bis 85 % der Fälle eintritt – ist der Erbschein der einzig mögliche Unrichtigkeitsnachweis.
Der Erbschein ist in Ausfertigung vorzulegen. Eine beglaubigte Abschrift genügt nicht, weil nur Urschrift und Ausfertigung die Vermutung der Richtigkeit nach § 2365 BGB für sich haben. Die Ausfertigung ersetzt im Rechtsverkehr die Urschrift (§ 47 BeurkG), weil die Urschrift stets in der Nachlassakte verbleibt. Wird ein Erbschein wegen Unrichtigkeit eingezogen (§ 2361 BGB), müssen die erteilten Ausfertigungen, nicht jedoch die Abschriften an das Nachlassgericht zurückgegeben werden.
Befinden sich Grundbuchamt und Nachlassgericht beim gleichen Amtsgericht, ist die Vorlage der Ausfertigung eines Erbscheins nicht erforderlich. Vielmehr reicht es aus, im Berichtigungsantrag auf den in der Nachlassakte befindlichen Erbschein zu verweisen.
Rz. 12
Für Erbfälle ab dem 17.8.2015 kann der Nachweis der Erbfolge nach § 35 Abs. 1 S. 1 GBO gegenüber dem Grundbuchamt auch durch Vorlage eines Europäischen Nachlasszeugnisses geführt werden.
Rz. 13
Befindet sich im Nachlass ein Hof, der dem Geltungsbereich der Höfeordnung unterfällt, ist zur Umschreibung dieses Hofes auf den Hoferben die Vorlage eines Erbnachweises beim Grundbuchamt erforderlich, der die Person des Hoferben bezeichnet. Denn der Hof geht durch Sondererbfolge, also unabhängig von der Erbfolge des übrigen Nachlassvermögens, auf nur einen Hoferben über. Diese Sondererbfolge kann entweder durch einen Erbschein, ein Europäisches Nachlasszeugnis oder ein Hoffolgezeugnis nachgewiesen werden. Der Unterschied zwischen Hoffolgezeugnis und Erbschein ist, dass im Hoffolgezeugnis allein die Sondererbfolge des Hofes ausgewiesen wird und im Erbschein die Gesamterbfolge mit der Bezeichnung des Hoferbens. Für die Erteilung derartiger Zeugnisse sind nicht die Nachlassgerichte, sondern die Landwirtschaftsgerichte nach § 18 Abs. 2 HöfeO zuständig. Dies gilt auch dann, wenn der beantragte Erbschein nicht den Hoferben aufführen soll, sich also nur auf das übrige Nachlassvermögen bezieht.
Rz. 14
Ausländische Erbscheine werden im deutschen Grundbuchverkehr grundsätzlich nicht anerkannt. Anerkennungsfähig sind nach § 108 Abs. 1 FamFG allein solche Entscheidungen ausländischer Gerichte oder Behörden, die der Rechtskraft fähig sind, wozu ausländische Erbscheine grundsätzlich nicht gehören. Auf der Grundlage des ausländischen Erbscheins kann aber das deutsche Nachlassgericht einen Fremdrechtserbschein nach § 352c FamFG erteilen.
2. Sekundärer Unrichtigkeitsnachweis: Beglaubigte Abschrift des notariellen Testaments samt Eröffnungsniederschrift
Rz. 15
Die Vorlage eines Erbscheins ist nicht in allen Fällen erforderlich. Beruht die Erbfolge auf einer notariell beurkundeten Verfügung von Todes wegen, reicht statt der Vorlage eines Erbscheins die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der notariellen letztwilligen Verfügung zusammen mit einer Abschrift der Eröffnungsniederschrift durch das Nachlassgericht aus, § 35 Abs. 1 S. 2 GBO.
Rz. 16
Hinweis
Aus dem notariellen Testament müssen die Namen der berufenen Erben ersichtlich sein, damit der Nachweis der Erbfolge eindeutig geführt werden kann. Deshalb ist bereits bei der Beurkundung darauf zu achten, dass die Namen der Erben in der Testamentsurkunde genannt werden.
Rz. 17
Zwar ist der Erbe bis zum Ablauf der Ausschlagungsfrist i.S.v. § 1944 BGB nur vorläufiger Erbe, allerdings darf das Grundbuchamt den Nachweis der Annahme oder Nichtausschlagung der Erbschaft nicht verlangen. Darauf kommt es regelmäßig auch nicht an, weil in dem Antrag auf Grundbuchberichtigung die konkludente Annahme der Erbschaft erblickt werden kann. Ist die Erbschaft angenommen, kann sie der Erbe nicht mehr ausschlagen, § 1943 BGB.
Rz. 18
Enthält das notarielle Testament eine bedingte Erbeinsetzung, genügt die Vorlage der beglaubigten Abschrift nicht allein als Nachweis der Erbfolge. Vielmehr ist das Grundbuchamt unter Reduktion seines Ermessens nach § 35 Abs. 2 S. 2 GBO gehalten, einen Erbschein oder eine ausreichende Erklärung der Beteiligten in der Form des § 29 GBO als Nachweis zu verlangen. Anerkannt ist dies für den Fall, dass die letztwillige Verfügung eine Pflichtteilsstrafklausel enthält.
Das Grundbuchamt darf von der Unwirksamkeit einer Verwirkungsklausel nur ausgehen, wenn es allein aufgrund der Eintragungsunterlagen zu der gebotenen umfassenden Würdigung aller Umstände in der Lage und das Ergebnis der Auslegung eindeutig ist, ...