Rz. 23

Wurde im konkreten Fall nicht ausdrücklich gekennzeichnet, welche Verfügungen vertragsgemäß und welche einseitig sind, so ist fraglich, nach welchen Kriterien eine Einordnung vorzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH[21] kommt es auf die Interessenlage der Parteien an. Dafür spricht der Vertragscharakter, auch wenn es sich nur um einen einseitigen Erbvertrag handelt, auf den die §§ 133, 157 BGB bei der Vertragsauslegung angewandt werden.[22] Danach kann eine Verfügung dann als vertragsmäßig qualifiziert werden, wenn die Vertragsparteien sie der vertraglichen Bindung unterwerfen wollten. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Vertragspartner ein eigenes Interesse an der Verfügung hat, insbesondere also bei einer Zuwendung an den Vertragspartner oder an eine diesem nahe stehende Person. "Nahe stehende Person" kann auch eine juristische Person sein.[23]

Die Annahme einer vertragsmäßigen Verfügung liegt im Übrigen – unabhängig vom Wortlaut – besonders nahe, wenn sich Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und wenn es sich um die eigenen Kinder begünstigende Verfügungen handelt, insbesondere wenn das begünstigte Kind ein einseitiges Kind des Verfügenden ist.[24]

[21] BGHZ 26, 204; BGHZ 106, 359.
[22] BGHZ 106, 359.
[23] So entschieden für das gemeinschaftliche Testament von LG Stuttgart ZEV 1999, 441 und OLG München NJW-RR 2000, 526.
[24] Vgl. zur Frage der Vertragsmäßigkeit z.B. OLG Stuttgart v. 30.8.2007 – 19 U 27/07, BeckRS 2008, 8173; OLG Hamm FGPrax 2005, 30.

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