Dr. iur. Patrick Lenz, Dr. iur. Klaus Koch
1. Vertragsmäßige Verfügungen
a) Grundsatz
Rz. 21
Welche letztwilligen Verfügungen in einem Erbvertrag vertragsmäßig getroffen werden können, bestimmt § 2278 Abs. 2 BGB abschließend. Danach können mit erbvertragsmäßiger Wirkung nur folgende Anordnungen getroffen werden:
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Erbeinsetzungen, |
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Vermächtnisse und |
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Auflagen und |
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Wahl des anzuwendenden Erbrechts. |
Bei der Frage, ob eine in einem Erbvertrag enthaltene Verfügung eine erbvertragsmäßige Verfügung i.S.v. § 2278 BGB darstellt, ist zu ermitteln, was die Vertragsteile im maßgebenden Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrags erklärt haben und wie das Erklärte aus der Sicht des anderen Teils zu verstehen war.
Vertragsmäßig bedacht sein kann neben dem Vertragspartner auch ein Dritter.
Der Grund für die Einengung der Bandbreite möglicher vertragsmäßiger Verfügungen in § 2278 Abs. 2 BGB liegt darin, dass sich der Erblasser mit einer vertragsmäßigen Verfügung seiner Testierfreiheit begibt, anders lautende Verfügungen zu treffen. Da es sich insoweit um eine Ausnahme von § 2302 BGB handelt, soll dies nur in eingeschränktem Umfang möglich sein, um die Testierfreiheit des Erblassers noch für einen Rest zu erhalten.
b) Entscheidend für die Vertragsmäßigkeit ist der Erblasserwille
Rz. 22
Die in § 2278 Abs. 2 BGB genannten Verfügungen, mithin Erbeinsetzung, Vermächtnis, Auflage, Rechtswahl, können in einem Erbvertrag zwar vertragsmäßig getroffen werden, sie müssen es aber nicht; sie können vielmehr auch in einem Erbvertrag als einseitige, nicht vertragsmäßige Verfügungen getroffen werden. In jedem einzelnen Fall ist eine Überprüfung und Abgrenzung danach vorzunehmen, ob die betreffende Verfügung vertragsmäßig oder einseitig getroffen wurde.
Es ist Aufgabe des Beraters, insoweit eindeutige Formulierungen in den Erbvertrag aufzunehmen, um späteren Auslegungsschwierigkeiten zu begegnen.
c) Interessenlage als Auslegungskriterium
Rz. 23
Wurde im konkreten Fall nicht ausdrücklich gekennzeichnet, welche Verfügungen vertragsgemäß und welche einseitig sind, so ist fraglich, nach welchen Kriterien eine Einordnung vorzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es auf die Interessenlage der Parteien an. Dafür spricht der Vertragscharakter, auch wenn es sich nur um einen einseitigen Erbvertrag handelt, auf den die §§ 133, 157 BGB bei der Vertragsauslegung angewandt werden. Danach kann eine Verfügung dann als vertragsmäßig qualifiziert werden, wenn die Vertragsparteien sie der vertraglichen Bindung unterwerfen wollten. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Vertragspartner ein eigenes Interesse an der Verfügung hat, insbesondere also bei einer Zuwendung an den Vertragspartner oder an eine diesem nahe stehende Person. "Nahe stehende Person" kann auch eine juristische Person sein.
Die Annahme einer vertragsmäßigen Verfügung liegt im Übrigen – unabhängig vom Wortlaut – besonders nahe, wenn sich Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und wenn es sich um die eigenen Kinder begünstigende Verfügungen handelt, insbesondere wenn das begünstigte Kind ein einseitiges Kind des Verfügenden ist.
2. Wechselbezügliche (korrespektive) Verfügungen
a) Vertragsmäßigkeit – Wechselbezüglichkeit
Rz. 24
Von der Vertragsmäßigkeit einer angeordneten letztwilligen Verfügung zu unterscheiden ist die Frage der Wechselbezüglichkeit (Korrespektivität). Korrespektiv können Verfügungen von Todes wegen nur sein, wenn mindestens zwei Personen als Erblasser handeln und die Verfügung des einen mit der des anderen steht und fällt, § 2298 BGB.
Zur Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung von juristischen Personen der Beschluss des LG Stuttgart vom 20.4.1999:
Zitat
"Die Schlusserbeneinsetzung juristischer Personen in einem gemeinschaftlichen Testament kann grundsätzlich eine wechselbezügliche Verfügung sein …"
Damit kann natürlich auch eine juristische Person erbvertraglich zur Schlusserbin eingesetzt werden, insbesondere in einem "Berliner Erbvertrag" als Analogon zum "Berliner Testament". Diese Fallkonstellation kann auch unter Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft auftreten (vgl. § 10 LPartG).
b) Rechtswirkung der Wechselbezüglichkeit
Rz. 25
Die Nichtigkeit einer vertragsmäßigen Verfügung führt nach § 2298 Abs. 1 BGB dann zur Unwirksamkeit des ganzen Erbvertrags, wenn in ihm von beiden Teilen vertragsmäßige Verfügungen getroffen worden sind. Von dieser gegenseitigen Abhängigkeit (Wechselbezüglichkeit) nach § 2298 Abs. 1 BGB ist immer dann auszugehen, wenn nicht ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist, § 2298 Abs. 3 BGB. Damit wird dem Interesse beider Vertragserblasser Rechnung getragen, da regelmäßig keiner seine Verfügung ohne die Verfügung des anderen getroffen haben würde.
Rz. 26
Im Gegensatz dazu führt die Nichtigkeit einer vertragsmäßigen Verfügung, die nicht auch korrespektiv ist, nur dann zur Unwirksamk...