Rz. 50

Für den Rechtsberater ist, wenn Eheleute testieren wollen oder wenn eingetragene Lebenspartner sich erbrechtlich beraten lassen, von zentraler Bedeutung, ob ihnen die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments oder eines Erbvertrags vorgeschlagen werden soll. Dabei sind die Unterschiede zwischen beiden, vor allem hinsichtlich der eintretenden Bindung, von entscheidendem Interesse.[54]

[54] Vgl. dazu ausführlich Basty, MittBayNot 2000, 73.

1. Besonderheiten des Erbvertrags

 

Rz. 51

Gegenüber dem gemeinschaftlichen Testament zeichnen den Erbvertrag zwischen Ehepartnern bzw. eingetragenen Lebenspartnern folgende Besonderheiten aus:

Soll die Verfügung von Todes wegen mit einer lebzeitigen Verpflichtung, z.B. Wohnungsgewährung oder Dienstleistungen (Pflege), verknüpft werden, so ist dies nur mit einem Erbvertrag möglich.
Der Erbvertrag kann mit einem Partnerschaftsvertrag zwischen nichtehelichen Partnern verbunden werden.[55]
Der Erbvertrag kann mit anderen Vereinbarungen unter Lebenden verbunden werden, bspw. mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung bzw. einer Aufhebungsvereinbarung betr. die Lebenspartnerschaft nach § 15 LPartG.
Wird der Erbvertrag nicht in die besondere amtliche Verwahrung des Amtsgerichts verbracht, sondern beim beurkundenden Notar verwahrt, so entsteht keine gesonderte Verwahrungsgebühr nach KV Nr. 12100 GNotKG.
Der Erbvertrag muss mindestens eine vertraglich bindende Verfügung enthalten, die grundsätzlich nicht widerruflich ist, es sei denn, es ist im Erbvertrag ein Rücktrittsrecht vorbehalten worden bzw. es liegen besondere gesetzliche Rücktrittsgründe vor.
Ein Erbvertrag, der ausschließlich Verfügungen von Todes wegen enthält, kann mit Aufhebungswirkung von beiden Erblassern aus der Verwahrung genommen werden, § 2300 Abs. 2 BGB. Ist der Erbvertrag jedoch mit einem Rechtsgeschäft unter Lebenden verbunden (etwa im Rahmen einer getroffenen Scheidungsvereinbarung), so kann er nicht mit Aufhebungswirkung aus der Verwahrung des Notars oder des Amtsgerichts genommen werden.
Die frühere Kostenvergünstigung des § 46 Abs. 3 KostO, wonach im Falle einer Beurkundung eines Erbvertrags zusammen mit einem Ehevertrag nur ein Vertrag zu bewerten war, ist mit dem Inkrafttreten des GNotKG, dem 1.8.2013, entfallen. § 111 Nr. 2 GNotKG bestimmt nunmehr, dass Eheverträge stets als besonderer Beurkundungsgegenstand gelten; damit sind jetzt die Werte für den Ehe- und den Erbvertrag auch jeweils gesondert zu ermitteln. Gründe für eine Zusammenbeurkundung von Ehe- und Erbvertrag dürften daher kaum mehr praxisrelevant sein, insbesondere wegen der damit einhergehenden, im vorhergehenden Aufzählungspunkt bezeichneten Einschränkungen bei der Entnahme eines Erbvertrags aus der amtlichen oder notariellen Verwahrung.
[55] Vgl. Grziwotz, ZEV 1999, 299.

2. Besonderheiten des gemeinschaftlichen Testaments

 

Rz. 52

Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehepartnern bzw. eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden.
Das gemeinschaftliche Testament muss keine bindende Verfügung enthalten. Es können vielmehr ausschließlich einseitige Verfügungen getroffen werden.
Beim gemeinschaftlichen Testament kann zu Lebzeiten beider Erblasser jeder von ihnen einen notariell beurkundeten Widerruf erklären, der dem anderen zugehen muss, §§ 2271 Abs. 1, 2296 BGB. Diese Widerrufsmöglichkeit muss, anders als beim Erbvertrag, nicht vereinbart werden, sie kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.
Die Bindung eines Erblassers an eine nicht nur einseitige Verfügung – ohne jede Möglichkeit des Widerrufs bzw. Rücktritts, jedoch u.U. der Anfechtung – tritt beim gemeinschaftlichen Testament erst nach dem Tod des Erststerbenden ein.
Ist das gemeinschaftliche Testament notariell beurkundet, so ist es amtlich zu verwahren; eine Verwahrung beim Notar ist ausgeschlossen; das Recht der Verwahrung und Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen ist in §§ 346 ff. FamFG geregelt.
Beide Erblasser können zu Lebzeiten ein verwahrtes gemeinschaftliches Testament gemeinsam aus der amtlichen Verwahrung zurücknehmen, §§ 2256, 2272 BGB.
Beide Erblasser können zu Lebzeiten das gemeinschaftliche Testament durch Vernichtung widerrufen. Es braucht dann nicht mehr eröffnet zu werden.[56]
[56] Vgl. im Einzelnen ausführlich Basty, MittBayNot 2000, 73.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?