I. Versicherung für fremde Rechnung
Rz. 26
Schon aus der Überschrift der Ziff. A-8 AVB-D&O wird deutlich, dass die D&O-Versicherung eine "Versicherung für fremde Rechnung" ist. Die Versicherung für fremde Rechnung ist in den §§ 43–48 VVG geregelt. § 43 Abs. 1 lautet: "Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung)."
Rz. 27
Rz. 28
Bei der Versicherung für fremde Rechnung stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu (§ 44 Abs. 1 S. 1 VVG). Der Versicherungsnehmer kann über die Rechte, welche dem Versicherten aus dem Versicherungsvertrag zustehen, im eigenen Namen verfügen (§ 45 VVG – Rechte des Versicherungsnehmers). Um dies noch einmal vereinfacht auszudrücken, sei Folgendes erwähnt: Versicherungsnehmer ist (in aller Regel, vgl. auch Rdn 29 und Rdn 111 ff.) das Unternehmen selbst, Versicherte und aus den jeweiligen Bedingungen und dem jeweiligen Versicherungsvertrag berechtigte Personen sind demgegenüber die Organmitglieder des Unternehmens oder Personen, die über den Versicherungsvertrag mit einbezogen worden sind. Weil D&O-Versicherungen in der Regel auch Innenansprüche der Gesellschaft gegen ihre Unternehmensleiter erfassen, beinhaltet der Deckungsschutz in der D&O-Versicherung auch Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen die versicherten Personen. Dem Versicherungsnehmer stehen die Gestaltungsrechte zu. Ihn treffen auch die Obliegenheiten nach Gesetz, so dass in den Versicherungsbedingungen die Obliegenheiten teilweise auf die versicherten Personen ausgedehnt werden. Dieses Konstrukt – die Spaltung von materieller Rechtszuständigkeit und formellem Verfügungsrecht – hat Vor- aber auch Nachteile für den Versicherer, die Versicherungsnehmer und für die versicherten Personen.
1. Versicherungsnehmer
Rz. 29
Wer Versicherungsnehmer ist, wird im Versicherungsschein (§ 3 VVG) festgehalten. Wenn vom Versicherungsnehmer die Rede ist in den derzeit am Markt befindlichen D&O-Policen, ist damit in aller Regel die Gesellschaft, die SE, die Aktiengesellschaft, die GmbH oder auch die eingetragene Genossenschaft und/oder die ausländische Ltd. gemeint, welche die Versicherung im eigenen Namen für ihre Organmitglieder oder in der Police ansonsten Einbezogene (z.B. leitende Angestellte) abschließt. Schon deshalb handelt es sich – wie das OLG München ausgeführt hat – tatsächlich um eine Versicherung für fremde Rechnung i.S.v. § 43 Abs. 1 VVG. Dies galt zumindest bis zum Inkrafttreten des VorstAG am 5.8.2009. Seit der Ergänzung des S. 3 in § 93 Abs. 2 AktG und der Einführung des sog. Pflicht-Selbstbehalts werden nun durchaus verschiedene Versicherungsprodukte am Markt angeboten.
Schließt – wie soeben beschrieben und wie üblich – eine Gesellschaft als Versicherungsnehmerin die Versicherung im eigenen Namen für einen anderen ab, bleibt es beim vorher Gesagten.
Rz. 30
Eine Ausnahme stellte die bis 2009 – seltene – persönliche Einzelpolice dar. Nur ganz selten wurde bis 2009 ein Mitglied eines Organs, etwa ein Vorstand, selbst Versicherungsnehmer. Die Prämien sollen für 1 Mio. EUR Versicherungssumme bei etwa 10.000 bis 20.000 EUR gelegen haben. Daher wurden Einzelpolicen bis 2009 allenfalls für sog. Outside Directors abgeschlossen. Darunter werden Organmitglieder oder auch leitende Angestellte verstanden, die auf Wunsch ihres Unternehmens in das Kontrollorgan eines nicht zum Konzern gehörenden Unternehmens entsandt werden (z.B. in die Position als Aufsichtsrat oder als Beirat bei Gewerkschaften, Banken oder auch Anwaltssozietäten):
Beispiel
Deutsche Bank: Der Deutsche-Bank-Vorstand Ronald Schmitz wurde als Aktionärsvertreter der Deutschen Bank vor einer Reihe von Jahren in den Aufsichtsrat der Metallgesellschaft entsandt.
Rz. 31
Dann übernimmt allerdings das entsendende Unternehmen für den "Outside Director" die Zahlung der Prämie; in Fällen dieser Art soll folgende Klausel Anwendung finden:
Zitat
"Der Versicherungsschutz richtet sich nach der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers im Innenverhältnis zu den übrigen Gremiumsmitgliedern. Die Kosten der Abwehr unberechtigter Ansprüche trägt der Versicherer im gleichen Verhältnis."
Rz. 32
Mit Inkrafttreten des VorstAG am 5.8.2009 und der Änderung des § 93 Abs. 2 ...