Rz. 40
Nach Ziff. A-1 AVB-D&O gewährt der Versicherer Versicherungsschutz für den Fall, dass ein gegenwärtiges oder ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates, des Vorstandes oder der Geschäftsführung der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft (versicherte Personen)
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wegen einer bei Ausübung dieser Tätigkeit |
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begangenen Pflichtverletzung |
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aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen |
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für einen Vermögensschaden |
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auf Schadensersatz |
in Anspruch genommen wird.
Rz. 41
Diese Risikobeschreibung des Modells ergibt im Wesentlichen die Voraussetzungen zur Reichweite und auch zur Grenze des Deckungsschutzes, sieht man von den Ausschlüssen ab. Die Gesellschaft schließt dabei – nach bisheriger Praxis in Deutschland – als Versicherungsnehmerin für alle versicherten Personen eine einheitliche, im Versicherungsschein angegebene Versicherungssumme als Höchstbetrag ab (Ziff. A-1 i.V.m. Ziff. A-6.4 AVB-D&O, sog. Unternehmenspolice), ganz ungeachtet von vereinzelt aufkommenden Ansichten, die eine Abkehr von dieser Praxis zugunsten von sog. Einzelpolicen – also Einzelpolicen für die einzelne versicherte Person – fordern. Dabei sei jedoch ausdrücklich und wiederholt betont, dass die auf dem Markt erhältlichen Bedingungen derzeit nicht unerheblich – auch was die soeben zitierten Voraussetzungen angeht – bereits heute divergieren. Im Einzelnen:
1. Vermögensschäden
a) Begriff: Vermögensschäden
Rz. 42
Im Zusammenhang mit etwaigen Inanspruchnahmen von Unternehmensleitern ist der haftungsrechtlich relevante Terminus des Vermögensschadens i.S.d. §§ 249 ff. BGB von dem sog. deckungsrechtlichen Terminus "Vermögensschaden" zu unterscheiden. Haftungs- und Deckungsrecht können durchaus unterschiedliche Begrifflichkeiten enthalten. Haftungsrechtlich betrachtet stellen die Haftungsnormen, nach denen Organe in Anspruch genommen werden können, etwa § 93 AktG, auf die §§ 249 ff. BGB ab. Bisweilen wird von Teilen der Literatur allerdings nicht einfach auf § 249 BGB verwiesen, sondern hervorgehoben, dass nicht jede Vermögensminderung i.S.d. §§ 249 ff. BGB bereits ein Vermögensschaden i.S.d. AktG sei, sondern nur derjenige, der dem Unternehmenszweck widerspreche. Beide Definitionen aber ("Unternehmenszweck" und "Widerspruch") sind für sich genommen sehr unscharf und daher meines Erachtens zu weiterer Strukturierung wohl eher nicht geeignet.
Einen Sonderfall stellen etwaig von den Unternehmen zu tragende Geldbußen, z.B. für Schmiergeld zahlende Unternehmen, und/oder auch Gewinnabschöpfungen durch Geldbußen dar. Für kartellrechtliche Bußgelder hat das OLG Düsseldorf jüngst entschieden, dass Vorstand und Geschäftsführer nicht persönlich für Kartell-Geldbußen eines Unternehmen haften. Verbandsgeldbußen nach deutschem Kartellrecht seien von der Organhaftung auszunehmen und die Organhaftung nach § 93 Abs. 2 AktG bzw. § 43 Abs. 2 GmbHG insoweit teleologisch zu reduzieren. Die Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG setzt zwingend die Anknüpfungstat einer für den Verband handelnden Leitungsperson voraus. Der Gesetzgeber habe klar vor Augen gehabt, dass denknotwendig mindestens zwei Rechtsträger – eine Leitungsperson und die Gesellschaft – als Sanktionsadressaten in Betracht kommen. Wenn der Gesetzgeber in dieser Situation anordnet, dass beide Parteien bebußt werden können und sollen, und zwar jede nach auf sie individuell abgestimmten Bemessungsfaktoren, handele es sich dabei um eine Sanktionsregelung, die speziell auf diesen besonderen Fall der Verantwortlichkeit Mehrerer zugeschnitten ist. Diese Wertung dürfe nicht durch den Rekurs auf die allgemeine Organhaftung unterlaufen werden. Zudem liefe die Sanktionswirkung einer Geldbuße gegen das Unternehmen faktisch leer, wenn eine D&O-Versicherung und damit letztlich die Versichertengemeinschaft den Schaden vollständig trüge. Bei Geldbußen (zu deckungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Geldbußen siehe auch Rdn 46 und 141) ist – haftungsrechtlich betrachtet – zudem zwischen dem sog. Gewinnabschöpfungs- und sog. Ahndungsteil zu unterscheiden. § 17 Abs. 4 OWiG enthält eine Klarstellung dahingehend, dass die Geldbuße aus zwei Teilen besteht (sog. Doppelcharakter der Geldbuße); es handelt sich dennoch um eine Geldbuße, die eben einheitlich ausgesprochen wird. Wenn haftungsrechtlich differenziert wird, ist jedenfalls aber der Gewinnabschöpfungsteil in der Regel kein Schaden i.S.d. § 249 BGB, weil der Gewinn bei pflichtgemäßem Verhalten der Vorstände gar nicht erst entstanden wäre. Der Ahndungsteil könnte – haftungsrechtlich betrachtet – zwar im Zweifel ein Schaden i.S.d. §§ 249 ff. BGB sein; dieser ist dann jedoch nicht zwingend – auch nicht haftungsrechtlich – ersatzfähig: Im Zweifel fehlt es dann im Rahmen einer Fahrlässigkeitstat des Organs an der Zurechenbarkeit. Zudem soll der Sanktionierte die Sanktion nicht durch Abwälzung auf Dritte unterlaufen können (venire contra factum proprium, § 242 BGB).
Rz. 43
Nicht zuletzt nach den §§...