Rz. 18
Die rechtliche Zulässigkeit von D&O-Versicherungen wurde in der Vergangenheit im Wesentlichen aufgrund zweier Argumente in Frage gestellt: Zum einen wurde auf den durch den Abschluss einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung einhergehenden Verlust der "verhaltenssteuernden Wirkung" verwiesen, zum anderen bisweilen angeführt, dass die gesellschaftsfinanzierte D&O-Versicherung mit dem Grundgedanken des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG nicht im Einklang stünde.
Heute kann die Zulässigkeit der D&O-Versicherung nicht mehr in Zweifel gezogen werden, nachdem bereits der Gesetzgeber selbst in seiner Begründung zu § 100 VVG auf die D&O-Versicherung ausdrücklich Bezug genommen hat und durch das VorstAG § 93 Abs. 2 AktG durch einen S. 3 ergänzt worden ist, der die Absicherung eines Vorstandsmitglieds durch eine Versicherung gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit gerade voraussetzt und dafür eben die Vereinbarung eines Selbstbehalts verpflichtend vorsieht. Auch der Deutsche Corporate Governance-Kodex (DCGK), verabschiedet erstmals am 26.2.2002 durch die von der damaligen Justizministerin eingesetzte Regierungskommission, ging stets von der rechtlichen Zulässigkeit aus, forderte nur eben einen Selbstbehalt.
Wegen seiner Bedeutung sei § 93 AktG, der die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft regelt – auszugsweise – in seiner aktuellen Version abgedruckt:
Zitat
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohl der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) …
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht. Dadurch, dass der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) …
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.
Rz. 19
Der Abschluss einer D&O-Versicherung kann auch nicht als "ein Vorwegverzicht" auf spätere Schadensersatzansprüche gedeutet werden, weil der Gläubiger vielmehr – umgekehrt – einen "Schuldner hinzu erwirbt"; erst recht liegt in dem bloßen Abschluss einer Versicherung keine Haftungsfreistellung. Dies ist weder in anderen Haftpflichtversicherungsbereichen so und auch nicht im Rahmen der D&O-Versicherung. Ferner dürfte bereits die bloße Annahme unzutreffend sein, dass Vorstände tatsächlich laxer mit ihren Sorgfaltspflichten umgehen in dem Fall, dass sie versichert sind. Vorstände – auch wenn sie versichert sind – haften weiterhin zunächst einmal persönlich für alle Schäden, die die Deckungssumme – die ja begrenzt ist – übersteigen. Daneben trifft sie stets auch das Damoklesschwert des Strafrechts; und ferner enthalten die Versicherungsbedingungen eine große Anzahl an Haftungsausschlüssen, die helfen können, das unternehmerische Risiko dort zu belassen, wo es entsteht.
Ferner kann von der Hauptversammlung die Entlastung (§ 120 AktG) verweigert oder sogar die Bestellung als Vorstand bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen werden (§ 84 Abs. 3 AktG). Auch insofern werden gewisse Schutzmechanismen präventiv zur Verfügung gestellt. Die Zulässigkeit einer D&O-Versicherung ist damit ein für alle Mal ge...