Rz. 14
Die D&O-Versicherung ist gesetzlich nicht geregelt. Lediglich in § 93 Abs. 2 S. 3 AktG wird erwähnt, dass ein Selbstbehalt zu vereinbaren ist, wenn die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft abschließt. Im Übrigen sind die Regelungen der D&O-Versicherung den jeweils vereinbarten Versicherungsbedingungen zu entnehmen. Diese sind jedoch nicht einheitlich. Wie alle Versicherungsprodukte wird aber die D&O-Versicherung vor allem durch die konkret vereinbarten, im Regelfall einbezogenen "Allgemeinen Versicherungsbedingungen" geprägt. Die vom GDV publizierten "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB D&O)" werden zur fakultativen Verwendung empfohlen. Jedoch haben sich weder die in der vorherigen Fassung von Mitte 1997 empfohlenen, noch die aus den Jahren 2005, 2007 und 2008, 2010, 2011, 2013, 2016 und 2017 stammenden Bedingungen in jeder Hinsicht – sozusagen als Marktstandard oder Führungsstandard – durchgesetzt. Vielfach wird der sehr weitgehende und 17 Ausschlusstatbestände erfassende Katalog (teilweise unberechtigt) kritisiert und von der Praxis nicht akzeptiert. In der Praxis werden bisweilen Verträge gezeichnet mit weit weniger Risikoausschlüssen. Am Markt erhältlich sind inzwischen D&O-Policen, die wesentlich von dem Verbandsmodell abweichen. Tendenzen zeichnen sich ab zu einer "individuellen Zusammenstellung" der Versicherungsbedingungen. Die ganz überwiegende Zahl der D&O-Versicherer orientiert sich bei Vertragsabschlüssen an eigenständig entwickelten Bedingungen. Meistens bieten diese einen deutlich über die Verbandsempfehlungen hinausreichenden Versicherungsschutz und nur wenige – dann "kleinere" Gesellschaften – sollen in der Vergangenheit Empfehlungen des GDV in Reinform umgesetzt haben. Mit diesem Vorbehalt haben sich aber durchaus – auch bedingt durch das Modell – inzwischen gemeinsame Grundstrukturen in Deutschland bei den erhältlichen D&O-Policen herausgebildet, so dass das Modell durchaus geeignet ist, die Grundstrukturen – wie nachfolgend geschehen wird – aufzuzeigen. Dabei haben die Versicherer die deckungsrechtlichen Regelungen weitgehend den deutschen haftungs- und gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten angepasst. Das gilt jedoch nicht für die Definition des Versicherungsfalles. Insoweit beließ man es bei dem in den USA geltenden "claims-made" Prinzip, welches in Bezug auf einen Wechsel der Versicherer eine Rückwärtsversicherung oder aber eine Nachhaftung notwendig werden ließ (vgl. dazu Rdn 77 ff.).
Rz. 15
Neben etwaige "Individuelle Vereinbarungen" oder auch "Besondere Vereinbarungen" treten die teilweise nicht ausgehandelten D&O-Bedingungen als "Allgemeine Versicherungsbedingungen" und damit Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) bei Vertragsschluss und kennzeichnen den jeweiligen Vertragstyp. In den Grenzen des dispositiven Rechts und der §§ 134, 138 BGB – und bei Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den zusätzlichen Grenzen der §§ 305 ff. BGB – sind versicherungsvertragliche Regelungen zulässig. Im Falle von Großrisiken i.S.d. § 210 VVG i.V.m. Art. 10 EGVVG kann sogar von zwingenden Vorschriften des VVG abgewichen werden. Im Übrigen sind daneben, da es sich bei der D&O-Versicherung um eine besondere Ausprägung der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung handelt, insbesondere die Vorschriften über die Haftpflichtversicherung, also die §§ 100 ff. VVG heranzuziehen. Darüber hinaus gelten ergänzend als Rahmenbedingungen die allgemeinen Vorschriften des VVG (insbesondere dort die Regelungen über die Versicherung für fremde Rechnung, die §§ 43 ff.), aber auch die allgemeinen Regelungen des BGB:
Rz. 16
1. |
Individualvereinbarung/Besondere Bedingungen |
2. |
AVB (ggf. Musterbedingungen: weniger/mehr) |
3. |
§§ 100 ff. (Haftpflichtversicherung) VVG |
4. |
Allgemeine Bestimmungen des VVG (insbesondere §§ 43 ff.) |
5. |
BGB (insbesondere §§ 142, 119 ff.) |