I. Rechtsnatur, mögliche Regelungsgehalte der Fahrtenbuchanordnung, Rechtsschutz
Rz. 9
Bei der Anordnung des Fahrtenbuchs handelt es sich um einen (Dauer-)Verwaltungsakt i.S.d. Landesverwaltungsverfahrensgesetze (§ 35 VwVfG). Damit gelten die dort geregelten Voraussetzungen zum Erlass eines Verwaltungsakts (vgl. z.B. Anhörung, § 28 VwVfG; Bestimmtheit und Form, § 37 VwVfG; Begründung, § 39 VwVfG; Ermessen, § 40 VwVfG).
Rz. 10
Mögliche Regelungsgehalte der Fahrtenbuchanordnung können sein:
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Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs für ein oder mehrere bestimmte Fahrzeuge für eine bestimmte Zeitdauer, |
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Übergang der Verpflichtung im Fall der Veräußerung oder Stilllegung dieses Fahrzeuges auf ein anderes, |
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Vorlage- und Aushändigungsverpflichtung während und nach Ablauf der Führungsdauer des Fahrtenbuchs, |
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Aufbewahrungsverpflichtung nach Ablauf der Führungsdauer, |
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Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, |
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Androhung von Zwangsgeld, |
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Kostenentscheidung für die Fahrtenbuchanordnung. |
Zutreffend weist Koehl darauf hin, dass die Begleitverfügungen zur Fahrtenbuchauflage zur Fahrtenbuchanordnung akzessorisch sind und im Regelfall deren rechtliches Schicksal teilen.
Rz. 11
Mit Blick auf die VA-Qualität der Fahrtenbuchanordnung erfolgt der Rechtsschutz gegen ihre Anordnung mit Widerspruch und Anfechtungsklage. Ist Erledigung eingetreten, so ist die hiergegen anhängige Anfechtungsklage nunmehr grundsätzlich als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig, für die im Regelfall allerdings das Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlen wird. Nach einer möglichen Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchanordnung aufgrund § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO, richtet sich der vorläufige Rechtsschutz mit einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO (Einzelheiten zum Rechtsschutz siehe unten Rdn 133 ff.).
II. Ausreichende Begründung der Fahrtenbuchauflage; speziell: "intendiertes Ermessen" (§§ 39, 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG)
Rz. 12
Als schriftlicher Verwaltungsakt ist die Fahrtenbuchanordnung schriftlich zu begründen, § 39 Abs. 1 VwVfG. Dabei sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zur Anordnung des Fahrtenbuchs bewogen haben. Dabei darf die Behörde die Schwere des Verkehrsverstoßes und die dazu ausgeworfene Bewertung mit Punkten zum Ausgangspunkt wählen und mit der Dauer der Anordnung verknüpfen, muss aber zugleich weitere einschlägige Parameter insbesondere aus dem Verhalten des Betroffenen bei der Halterfeststellung in ihre Erwägungen einbeziehen. Nach BVerwG liegt eine sechsmonatige Verpflichtung "noch im unteren Bereich einer effektiven Kontrolle" und "stellt daher keine übermäßige Belastung dar". Deshalb wird bei der Fahrtenbuchanordnung für die Dauer von sechs Monaten in der Rechtsprechung ein "intendiertes Ermessen" angenommen, welches nicht weiter und im Einzelnen begründet werden muss.
Rz. 13
Anders ist es, wenn dieses Maß (6 Monate) deutlich überschritten wird. Hier bedarf es einer nachvollziehbaren Begründung. Diese ist z.B. notwendig, wenn eine neunmonatige Fahrtenbuchanordnung bei einem mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoß verhängt wird.
Rz. 14
Allerdings sollen an die Darlegung der Ermessenserwägungen geringere Anforderungen bei einem gravierenden Verkehrsverstoß zu stellen sein, wenn der Halter kaum oder wenig an der Sachverhaltsaufklärung mitwirkt.
Rz. 15
Der Begründungsmangel kann gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG geheilt werden, d.h. die Begründung kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, § 45 Abs. 2 VwVfG. Die Verwaltung kann darüber hinaus ihre Ermessenserwägungen gem. § 114 S. 2 VwG...