a) Anwendbarkeit der EuErbVO
aa) Zeitlicher Anwendungsbereich
Rz. 30
Für alle Erbfälle seit dem 17.8.2015 gilt die EuErbVO als unmittelbares Recht in Deutschland, Art. 83, 84 EuErbVO. Hinsichtlich der vor dem 17.8.2015 getroffenen Rechtswahl sowie einer vor diesem Datum errichteten Verfügung von Todes wegen sieht Art. 83 Abs. 2–4 EuErbVO Sonderregelungen vor.
Rz. 31
OLG Schleswig, Beschl. v. 25.4.2016 – 3 Wx 122/15: Keine Rückwendung der Anwendung
Zitat
Art. 25 EGBGB bestimmt keine Rückwirkung der Anwendung der Europäischen Erbrechtsverordnung auf Erbrechtsfälle vor dem 17.8.2015. Das ergibt sich unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck dieser Norm, deren einzige Funktion es ist, den sachlichen Anwendungsbereich der Europäischen Erbrechtsverordnung auf solche Gegenstände auszudehnen, die zwar nicht nach der Verordnung, wohl aber nach bisherigem autonomen deutschen internationalen Privatrecht erbrechtlich qualifiziert werden.
bb) Räumlicher Anwendungsbereich
Rz. 32
Die EuErbVO gilt in räumlicher Hinsicht in allen Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme von Dänemark und Irland. Die Anwendung der EuErbVO setzt darüber hinaus keinen besonderen Bezug zu einem weiteren Mitgliedstaat voraus, dementsprechend werden auch sog. Drittstaatensachverhalte von der EuErbVO erfasst.
cc) Sachlicher Anwendungsbereich
Rz. 33
Der sachliche Anwendungsbereich der EuErbVO wird von Art. 1 EuErbVO bestimmt.
Die EuErbVO beschränkt demnach den sachlichen Anwendungsbereich auf zivilrechtliche Aspekte der Rechtsnachfolge von Todes wegen (Abs. 1 S. 1) und nimmt die in Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 aufgezählten Angelegenheiten aus. Insbesondere werden hiervon ausgenommen Fragen des Personenstands sowie der Familienverhältnisse, wie etwa das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe/Lebenspartnerschaft, sowie Fragen der Abstammung und der Adoption (Abs. 2 lit. a), auch Fragen der Rechts- Geschäfts- und Handlungsfähigkeit natürlicher Personen (Abs. 2 lit. b), der Verschollenheit und Todesvermutung (Abs. 2 lit. c), des Güterrechts (Abs. 2 lit. d), der Unterhaltspflichten (Abs. 2 lit. e), der Formgültigkeit mündlicher Verfügungen von Todes wegen (Abs. 2 lit. f), der Rechtsgeschäfte unter Lebenden (Abs. 2 lit. g), des Gesellschafts-, Vereinsrechts sowie des Rechts der juristischen Personen und Trusts (Abs. 2 lit. h, i), der dinglichen Rechte (Abs. 2 lit. k) sowie des Registerrechts (Abs. 2 lit. l).
b) Umsetzung in nationales Recht
aa) Das Gesetz zum Internationalen Erbrecht/IntErbVerfG
Rz. 34
Zudem wurden durch das Gesetz zum Internationalen Erbrecht nationale Regelungen an die EuErbVO angepasst bzw. abgeändert, denn für die Durchführung der EuErbVO bedurfte es weiterer nationaler Regelungen insbesondere im Bereich des nationalen Zuständigkeits- und Verfahrensrechts, die der deutsche Gesetzgeber spätestens bis zum Geltungszeitpunkt der EuErbVO erlassen musste. Neben umfassenden Anpassungsregelungen für den gesamten Bereich des Erbrechts enthält das Gesetz als "Herzstück" ein eigenständiges Internationales Erbrechtsverfahrensgesetz (IntErbRVG). In dessen Rahmen wurden alle für die Durchführung der EuErbVO erforderlichen nationalen Bestimmungen einheitlich geregelt.
bb) Art. 25 EGBGB
Rz. 35
Durch das Gesetz zum Internationalen Erbrecht wurde auch Art. 25 EGBGB neu gefasst. Dieser lautet nunmehr:
Art. 25 EGBGB Rechtsnachfolge von Todes wegen
Soweit die Rechtsnachfolge von Todes wegen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 fällt, gelten die Vorschriften des Kapitels III dieser Verordnung entsprechend.
Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus:
Zitat
"Soweit das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht nicht in den Anwendungsbereich der ErbVO fällt, bleibt Raum für nationales Recht. Artikel 25 bestimmt aus Gründen eines möglichst weitgehenden Gleichlaufs des erbrechtlichen Kollisionsrechts, dass insoweit die Vorschriften des Kapitels III der ErbVO entsprechend gelten. In bilateralen Abkommen enthaltene Regelungen über das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht bleiben unberührt (vgl. Artikel 75 Abs. 1 ErbVO)."
Letztlich gelten für die Ermittlung des Erbstatuts nach deutschem Recht stets die Regelungen der EuErbVO.
c) Bestimmung des anwendbaren Erbrechts (sog. Erbstatut)
aa) Allgemeines
Rz. 36
Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht ergibt sich nunmehr aus den Art. 21 ff. EuErbVO. Die bislang maßgebliche Norm des Art. 25 EGBGB gilt demgegenüber nur noch dann, wenn der Anwendungsbereich der EuErbVO nicht eröffnet ist, und verweist für diesen Fall wiederum auf die EuErbVO.
bb) Rechtsnachfolge von Todes wegen, Art. 21, 22 EuErbVO
Rz. 37
Maßgeblich sind die Art. 21 und 22 EuErbVO. Diese lauten: