Rz. 80
Das Formstatut gemäß Art. 27, 75 EuErbVO regelt die Formgültigkeit einer Verfügung von Todes wegen.
Vorrangig zu beachten ist das Haager Testamentsformübereinkommen (HTÜ) vom 5.10.1961, wie sich aus Art. 75 Abs. 1 EuErbVO ergibt. Mitgliedstaaten des HTÜ sind: Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien. Ist dagegen der Anwendungsbereich des HTÜ nicht eröffnet, was nur für Formfragen schriftlicher Erbverträge und Erbverzichte der Fall ist, gilt die Bestimmung des Art. 27 EuErbVO. Für mündliche Erbverträge und Erbverzichte gelten weder das HTÜ noch die EuErbVO, so dass es hier bei der nationalen Regelung des Art. 26 Abs. 2 EGBGB bleibt, der aber auf die Regelung des Art. 27 EuErbVO verweist.
Letztlich spielt die Unterscheidung aber keine Rolle, da richtigerweise Art. 27 EuErbVO inhaltsgleich zum HTÜ auszulegen ist. Dieser enthält eine ganze Kaskade von Vorschriften, um möglichst zur formellen Wirksamkeit zu gelangen.
Rz. 81
Eine schriftliche Verfügung von Todes wegen ist demgemäß nach Art. 27 Abs. 1 EuErbVO hinsichtlich ihrer Form wirksam, wenn diese:
a) |
dem Recht des Staates entspricht, in dem die Verfügung errichtet oder der Erbvertrag geschlossen wurde, |
b) |
dem Recht eines Staates entspricht, dem der Erblasser oder mindestens eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entweder im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung bzw. des Abschlusses des Erbvertrags oder im Zeitpunkt des Todes angehörte, |
c) |
dem Recht eines Staates entspricht, in dem der Erblasser oder mindestens eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entweder im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung oder des Abschlusses des Erbvertrags oder im Zeitpunkt des Todes den Wohnsitz hatte, |
d) |
dem Recht des Staates entspricht, in dem der Erblasser oder mindestens eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entweder im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung oder des Abschlusses des Erbvertrags oder im Zeitpunkt des Todes seinen/ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder |
e) |
dem Recht des Staates entspricht, in dem sich unbewegliches Vermögen befindet, soweit es sich um dieses handelt. |
Rz. 82
Die Änderung oder der Widerruf einer Verfügung von Todes wegen richtet sich nach Art. 27 Abs. 2 EuErbVO/Art. 2 HTÜ. Danach richtet sich die Formwirksamkeit nach Art. 27 Abs. 1 EuErbVO, wobei nach Art. 27 Abs. 2 S. 2 EuErbVO zudem die Änderung oder der Widerruf hinsichtlich ihrer Form auch dann gültig sind, wenn sie den Formerfordernissen einer der Rechtsordnungen entsprechen, nach denen die geänderte oder widerrufene Verfügung von Todes wegen nach Abs. 1 gültig war.
Rz. 83
Die Reichweite des Formstatuts ergibt sich aus Art. 27 Abs. 3 EuErbVO:
Zitat
(3) Für die Zwecke dieses Artikels werden Rechtsvorschriften, welche die für Verfügungen von Todes wegen zugelassenen Formen mit Beziehung auf das Alter, die Staatsangehörigkeit oder andere persönliche Eigenschaften des Erblassers oder der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, beschränken, als zur Form gehörend angesehen. Das Gleiche gilt für Eigenschaften, welche die für die Gültigkeit einer Verfügung von Todes wegen erforderlichen Zeugen besitzen müssen.
Rz. 84
Soweit es sich bei dem Verbot gemeinschaftlicher Testamente oder Erbverträge überwiegend um ein formelles Verbot (wie z.B. in den Niederlanden), nicht aber um ein materielles Verbot (wie z.B. in Italien) handelt, unterfällt es auch dem Formstatut, anderenfalls dem Errichtungsstatut.