aa) Allgemeines
Rz. 36
Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht ergibt sich nunmehr aus den Art. 21 ff. EuErbVO. Die bislang maßgebliche Norm des Art. 25 EGBGB gilt demgegenüber nur noch dann, wenn der Anwendungsbereich der EuErbVO nicht eröffnet ist, und verweist für diesen Fall wiederum auf die EuErbVO.
bb) Rechtsnachfolge von Todes wegen, Art. 21, 22 EuErbVO
Rz. 37
Maßgeblich sind die Art. 21 und 22 EuErbVO. Diese lauten:
Art. 21 EuErbVO Allgemeine Kollisionsnorm
(1) Sofern in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
(2) Ergibt sich ausnahmsweise aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem Staat hatte, dessen Recht nach Absatz 1 anzuwenden wäre, so ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
Art. 22 EuErbVO Rechtswahl
(1) Eine Person kann für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.
Eine Person, die mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt, kann das Recht eines der Staaten wählen, denen sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.
(2) Die Rechtswahl muss ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben.
(3) Die materielle Wirksamkeit der Rechtshandlung, durch die die Rechtswahl vorgenommen wird, unterliegt dem gewählten Recht.
(4) Die Änderung oder der Widerruf der Rechtswahl muss den Formvorschriften für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen entsprechen.
Art. 22 EuErbVO ist hierbei vorrangig zu prüfen, d.h. nur wenn keine vorrangig zu beachtende Rechtswahl zugunsten des Rechts der Staatsangehörigkeit vorliegt, bestimmt sich das Erbstatut objektiv nach Art. 21 EuErbVO.
(1) Grundregel des Art. 21 EuErbVO
Rz. 38
Nach der Grundregel des Art. 21 Abs. 1 EuErbVO bestimmt sich die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen nach dem Recht desjenigen Staates, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Anders als früher wird somit nicht mehr an die Staatsangehörigkeit angeknüpft. Eine Definition des Begriffs des "letzten gewöhnlichen Aufenthalts" findet sich in der EuErbVO nicht, so dass die Ausgestaltung der Rechtsprechung und Lehre, allen voran dem EuGH, vorbehalten bleibt.
Streitig ist derzeit, ob der Begriff einheitlich, für alle europäischen Rechtsakte gleichermaßen, auszulegen ist oder ob eine nach den jeweiligen Rechtsmaterien differenzierende Auslegung vorzunehmen ist. Richtigerweise ist wohl jedenfalls innerhalb der EuErbVO eine einheitliche Auslegung vorzunehmen.
Rz. 39
Zur genaueren Bestimmung des Begriffs "letzter gewöhnlicher Aufenthalt" lassen sich die Erwägungsgründe der EuErbVO heranziehen. Darin heißt es:
Zitat
(23) In Anbetracht der zunehmenden Mobilität der Bürger sollte die Verordnung zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Rechtspflege in der Union und einer wirklichen Verbindung zwischen dem Nachlass und dem Mitgliedstaat, in dem die Erbsache abgewickelt wird, als allgemeinen Anknüpfungspunkt zum Zwecke der Bestimmung der Zuständigkeit und des anzuwendenden Rechts den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt des Todes vorsehen. Bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts sollte die mit der Erbsache befasste Behörde eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vornehmen und dabei alle relevanten Tatsachen berücksichtigen, insbesondere die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthalts des Erblassers in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe. Der so bestimmte gewöhnliche Aufenthalt sollte unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele dieser Verordnung eine besonders enge und feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lassen.
(24) In einigen Fällen kann es sich als komplex erweisen, den Ort zu bestimmen, an dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn sich der Erblasser aus beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen – unter Umständen auch für längere Zeit – in einen anderen Staat begeben hat, um dort zu arbeiten, aber eine enge und feste Bindung zu seinem Herkunftsstaat aufrechterhalten hat. In diesem Fall könnte – entsprechend den jeweiligen Umständen – davon ausgegangen werden, dass der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in seinem Herkunftsstaat hat, in dem sich in familiärer und sozialer Hinsicht sein Lebensmittelpunkt befand. Weitere komplexe Fälle können sich ergeben, wenn der Erblasser abwechselnd in mehreren Staaten gelebt hat oder auch von Staat zu Staat gereist ist, ohne sich in einem Staat fü...