Rz. 75
Ob ein gemeinschaftliches Testament als solches zulässig war, bestimmte sich aber nach dem Erbstatut. Auch die Form des Widerrufs letztwilliger Verfügungen bestimmte sich nach den vorgenannten Regeln, vgl. Art. 26 Abs. 2 EGBGB a.F.
Gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten werden von einigen Rechtsordnungen abgelehnt. Die Gültigkeit gemeinschaftlicher Testamente bestimmte sich nach dem hypothetischen Erbstatut, d.h. nach dem Recht, das im Zeitpunkt der Verfügung auf die Rechtsnachfolge anwendbar wäre, Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB a.F. Haben die Ehegatten verschiedene Staatsangehörigkeiten, musste die Wirksamkeit nach beiden Rechten geprüft werden. Dabei war auf das strengere Recht abzustellen, d.h. das gemeinschaftliche Testament musste kumulativ nach beiden Erbstatuten zulässig sein. Soweit ausländische Rechtsordnungen ein gemeinschaftliches Testament verbieten, war zu unterscheiden, ob es sich beim gemeinschaftlichen Testament um eine bloße äußerliche Zusammenfassung zweier letztwilliger Verfügungen (testamentum mere simultaneum), um ein gegenseitiges Testament (ohne inneres Wirksamkeitsverhältnis) oder um ein "echtes" gemeinschaftliches Testament (mit wechselbezüglichen Verfügungen) handelte.
Rz. 76
Das italienische Recht sieht schon in der bloßen äußeren Zusammenfassung mehrerer Verfügungen in einer Urkunde einen Unwirksamkeitsgrund. Insoweit handelt es sich um ein materielles Verbot, das sich gegen den Inhalt eines gemeinschaftlichen Testaments richtet. Damit soll der Charakter des Testaments als einseitiges Rechtsgeschäft gewahrt werden. Das Verbot verfolgt hier Sachzwecke (freier Entschluss beim Testieren und keine nachträgliche Gebundenheit). Ein materielles Verbot wird neben dem italienischen Recht auch in Portugal und in Kroatien angenommen. Insoweit kam Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB a.F. zum Tragen, d.h. die Gültigkeit der Errichtung und die Bindungswirkung richten sich nach dem Erbstatut im Verfügungszeitpunkt.
Bei anderen Rechtsordnungen, wie z.B. dem französischen, dem schweizerischen, dem niederländischen oder dem spanischen Recht, sind die Verbotsnormen als Formvorschriften zu qualifizieren. Diese Verbote bezwecken eine Klarheit über die Verfügungen jedes Erblassers und haben darüber hinaus eine Warnfunktion. Handelt es sich um ein Verbot, das Formzwecke verfolgt, kann im Ausland wirksam unter Beachtung der Ortsform gemeinschaftlich testiert werden.
Rz. 77
Ist ein gemeinschaftliches Testament wegen eines entsprechenden Verbots unwirksam, kommt noch eine Umdeutung ("Konversion") in ein Einzeltestament oder in einen Erbvertrag in Betracht. Die Umdeutung beurteilt sich nach dem Recht des Staates, auf dem die Unwirksamkeit beruht. Entscheidend ist dabei, ob der Erblasser die Erklärung unabhängig von der Wirksamkeit der Erklärung des anderen treffen wollte.