Julian Höppner, Dr. iur. Lina Böcker
Rz. 19
Das zentrale Problem bei der Gestaltung von Hinterlegungsvereinbarungen ist die Frage der Insolvenzfestigkeit solcher Abreden, obwohl gerade die Herstellerinsolvenz vielfach wesentlicher Antriebsfaktor für den Abschluss einer Hinterlegungsvereinbarung ist. Um Probleme mit der Insolvenzfestigkeit von vornherein auszuschließen, sollte jeweils überlegt werden, ob Herausgabefälle nicht auch an Krisensymptome geknüpft werden können, die der Insolvenz regelmäßig vorgelagert sind, etwa das Ausbleiben von Updates oder Bugfixes über einen bestimmten Zeitraum. Allerdings können Hinterlegungsvereinbarungen nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BGH unter Beachtung bestimmter Beschränkungen gerade auch ausdrücklich für den Fall der Insolvenz wirksam gestaltet werden. Eine insolvenzrechtlich vergleichsweise sichere, allerdings nicht für alle Fälle geeignete Lösung bieten Gestaltungen, bei denen der Quellcode dem Auftraggeber unbedingt übergeben wird, Nutzungsrechte eingeräumt werden und sich der Auftraggeber verpflichtet, die Software zu hinterlegen und sich nur unter bestimmten Voraussetzungen herausgeben zu lassen. Jenseits dessen kann der Insolvenzverwalter aber auch einen vor Insolvenzeröffnung – wenngleich aufschiebend bedingt – erfolgten Rechtsübergang nicht mehr dadurch verhindern, dass er wegen der Insolvenz die Nichterfüllung des zugrunde liegenden Vertrags wählt. Insolvenzfest ist daher auch die Einräumung eines dinglichen Nutzungsrechts, das gegen ein zusätzliches Entgelt aufschiebend bedingt für den Fall der Kündigung des Vertragsverhältnisses übereignet wird. Das dingliche Nutzungsrecht kann auch noch dann wirksam auf den Auftraggeber übergehen, wenn die Kündigung erst nach Insolvenzeröffnung ausgesprochen wird und die Bedingung daher auch erst nach dem Insolvenzereignis eintritt.
Die Insolvenzfestigkeit von Lizenzen war Anliegen eines Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 22.8.2007 und eines weiteren Vorstoßes im Jahr 2012, der aufgrund umfassender Kritik in der Literatur derzeit offenbar nicht weiterverfolgt wird. § 108a InsO-Entwurf sah vor, das Wahlrecht des Insolvenzverwalters gem. § 103 Abs. 1 InsO in der Insolvenz des Lizenzgebers auszuschließen. Lizenzverträge hätten danach auch nach Insolvenzeröffnung mit Wirkung für die Masse fortbestanden. Dem Lizenznehmer hätte in jedem Fall weiterhin das Nutzungsrecht zugestanden, ggf. gegen Zahlung einer angepassten Lizenzgebühr. Nachdem der Gesetzesentwurf nicht bis zum Ende der 16. Legislaturperiode umgesetzt wurde und nicht abzusehen ist, ob die aktuelle Regierung den Vorschlag wieder aufgreifen wird, sind das Schicksal der Lizenz in der Insolvenz des Lizenzgebers und entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten erneut umstritten. Nach Ansicht von Teilen der Literatur ermöglicht die Entscheidung des BGH "Reifen Progressiv" eine Deutung, wonach § 103 InsO auf Lizenzverträge keine Anwendung findet, da der Lizenzgeber dem Lizenznehmer das Nutzungsrecht nicht während der Dauer des Lizenzverhältnisses fortwährend in seinem Bestand vermitteln müsse. Gegen eine derartige Deutung spricht jedoch, dass auch nach Ansicht des BGH Lizenzverträge Dauerschuldverhältnisse sind, die grundsätzlich in den Anwendungsbereich von § 103 InsO fallen.