Julian Höppner, Dr. iur. Lina Böcker
I. Kauf von Software
1. Typischer Sachverhalt
Rz. 30
Der Softwareanwender erwirbt vom Händler eine Software, die er zeitlich unbefristet nutzen können soll. Der Erwerber soll dabei einmalig einen bestimmten Betrag zahlen; wiederkehrende Zahlungspflichten werden nicht vereinbart. Es handelt sich um ein vielfach wiederkehrendes Geschäft ("Massenverkehr"), das sowohl im unternehmerischen Verkehr als auch im Verkehr mit privaten Nutzern im Wesentlichen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelt ist. Innerhalb dieses typischen Sachverhalts kommen sowohl der Bezug von Datenträgern als auch etwa der Erwerb durch Download der Software über das Internet in Betracht.
2. Rechtliche Grundlagen
a) Vertragsrechtliche Überlegungen
Rz. 31
Die Überlassung von Standardsoftware auf Dauer gegen Einmalentgelt wird von der Rechtsprechung regelmäßig als Kauf qualifiziert.
Im Bereich des B2C-Geschäfts sind neben den AGB-rechtlichen Beschränkungen der Vertragsfreiheit insb. auch die Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf (§ 474 ff. BGB) samt der gesetzlichen Vermutung nach § 477 BGB zu berücksichtigen.
b) Fernabsatzrecht
Rz. 32
Soll der Vertrieb über das Internet oder über den klassischen Versandhandel erfolgen, sind die besonderen Bestimmungen des Fernabsatzrechts zu berücksichtigen (§§ 312b ff. BGB). Zu beachten sind insb. die vor- und nachvertraglichen Informationspflichten sowie das Widerrufsrecht.
Verbrauchern steht bei Fernabsatzverträgen in der Regel ein Widerrufsrecht gem. §§ 312g Abs. 1 S. 1, 355 BGB zu. Gem. § 312k Abs. 1 BGB kann von den Vorschriften der §§ 312 ff. BGB nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden.
Für "digitale Inhalte" (§ 312f Abs. 3 BGB) – wozu Software zählt, soweit sie nicht auf einem körperlichen Datenträger verkauft wird – ist nunmehr eine besondere Widerrufsbelehrung erforderlich. Händler, die auf diese Weise digitale Inhalte verkaufen, können das Widerrufsrecht gem. § 356 Abs. 5 BGB vor Ablauf der (nunmehr generell) 14-tägigen Widerrufsfrist zum Erlöschen bringen. Hierzu muss der Verbraucher ausdrücklich zustimmen und seine Kenntnis bestätigen, dass er bei Zustimmung mit Beginn der Ausführung sein Widerrufsrecht verliert. Software, die auf körperlichen Datenträgern verkauft wird, wird demgegenüber verbraucherschutzrechtlich als Ware behandelt.
c) Weiterveräußerung erworbener Software
Rz. 33
Zu erheblichen Diskussionen hat die Frage geführt, ob Inhaber von Softwarelizenzen Rechte ganz oder teilweise auf Dritte übertragen können ("Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen"). Der BGH hat in diesem Zusammenhang im Februar 2011 dem EuGH verschiedene Fragen zur Auslegung der Computerprogrammrichtlinie (RL 2009/24/EG) vorgelegt. Auch beim schlichten Softwarekauf stellen sich Fragen der Weiterveräußerbarkeit: Urheberrechtlich ist zu fragen, ob sich beim Kauf von Software per Download das Verbreitungsrecht des Urhebers an der Software erschöpft und damit das erstellte Vervielfältigungsstück der Software (urheberrechtlich) ohne Zustimmung des Urhebers weiterveräußert werden darf. Der EuGH hat im Juli 2012 auf die Vorlage des BGH hin entschieden, dass dies grundsätzlich der Fall ist. Nach dem Gerichtshof erschöpft sich das Recht auf Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms, wenn der Urheberrechtsinhaber dem Download zugestimmt hat und gegen Zahlung eines Entgelts ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht eingeräumt hat. Der zweite und jeder weitere Erwerber einer Nutzungslizenz kann sich sodann auf Erschöpfung berufen und von dem Vervielfältigungsrecht an der Software Gebrauch machen. Dies gilt allerdings nicht bei der Veräußerung von Sicherungskopien der in Verkehr gebrachten Datenträger. Im Bereich der sog. Gebrauchtlizenzen harren aber weiterhin viele Fragen der gerichtlichen Klärung (z.B. zum Umgang mit Volumenlizenzen, zum Inhalt und Umfang der Benutzungsrechte des zweiten Erwerbers, oder auch, ob diese Grundsätze auch im Bereich von hybriden Werken wie Computerspielen gelten).
Im Hinblick auf vertragliche Gestaltungsspielräume wird viel diskutiert, ob schuldrechtliche Weitergabeverbote vereinbart werden können – was vom BGH bislang abgelehnt wird – oder die Weitergabe an bestimmte Bedingungen (Mitteilung des Erwerbers, Verpflichtung des Erwerbers zur Einhaltung der Lizenzbedingungen) geknüpft werden kann. Für den Bereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen bestehen hier enge Grenzen.
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