Julian Höppner, Dr. iur. Lina Böcker
Rz. 33
Zu erheblichen Diskussionen hat die Frage geführt, ob Inhaber von Softwarelizenzen Rechte ganz oder teilweise auf Dritte übertragen können ("Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen"). Der BGH hat in diesem Zusammenhang im Februar 2011 dem EuGH verschiedene Fragen zur Auslegung der Computerprogrammrichtlinie (RL 2009/24/EG) vorgelegt. Auch beim schlichten Softwarekauf stellen sich Fragen der Weiterveräußerbarkeit: Urheberrechtlich ist zu fragen, ob sich beim Kauf von Software per Download das Verbreitungsrecht des Urhebers an der Software erschöpft und damit das erstellte Vervielfältigungsstück der Software (urheberrechtlich) ohne Zustimmung des Urhebers weiterveräußert werden darf. Der EuGH hat im Juli 2012 auf die Vorlage des BGH hin entschieden, dass dies grundsätzlich der Fall ist. Nach dem Gerichtshof erschöpft sich das Recht auf Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms, wenn der Urheberrechtsinhaber dem Download zugestimmt hat und gegen Zahlung eines Entgelts ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht eingeräumt hat. Der zweite und jeder weitere Erwerber einer Nutzungslizenz kann sich sodann auf Erschöpfung berufen und von dem Vervielfältigungsrecht an der Software Gebrauch machen. Dies gilt allerdings nicht bei der Veräußerung von Sicherungskopien der in Verkehr gebrachten Datenträger. Im Bereich der sog. Gebrauchtlizenzen harren aber weiterhin viele Fragen der gerichtlichen Klärung (z.B. zum Umgang mit Volumenlizenzen, zum Inhalt und Umfang der Benutzungsrechte des zweiten Erwerbers, oder auch, ob diese Grundsätze auch im Bereich von hybriden Werken wie Computerspielen gelten).
Im Hinblick auf vertragliche Gestaltungsspielräume wird viel diskutiert, ob schuldrechtliche Weitergabeverbote vereinbart werden können – was vom BGH bislang abgelehnt wird – oder die Weitergabe an bestimmte Bedingungen (Mitteilung des Erwerbers, Verpflichtung des Erwerbers zur Einhaltung der Lizenzbedingungen) geknüpft werden kann. Für den Bereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen bestehen hier enge Grenzen.
Zu einem faktischen Weitergabeverbot kann eine Gestaltung führen, wonach die auf einem physischen Datenträger erworbene Software nur nach Eröffnung eines Online-Accounts beim Hersteller oder einem Partnerunternehmen möglich ist und dieser Online-Account nicht an Dritte weitergegeben werden darf. Der BGH hält eine derartige Gestaltung auch in AGB für zulässig; insb. stehe ihr nicht der Erschöpfungsgrundsatz gem. §§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3 S. 2 UrhG als wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) entgegen. Der Erwerber könne den physischen Datenträger rechtlich unbeschränkt weiterveräußern. Unerheblich sei, dass Dritte, die nicht den erforderlichen Online-Account innehaben, faktisch kaum Interesse am Erwerb der "gebrauchten" Software hätten.