Julian Höppner, Dr. iur. Lina Böcker
1. Typischer Sachverhalt
Rz. 10
Ein Softwareunternehmen entwickelt eine bestimmte Software. Da die eigenen personellen Ressourcen des Unternehmens nicht ausreichen oder bestimmtes Know-how nicht vorhanden ist, soll ein Dritter von außen als freier Mitarbeiter in das Entwicklungsprojekt eingebunden werden. Dabei soll sichergestellt werden, dass das Softwareunternehmen möglichst umfangreiche ausschließliche Nutzungsbefugnisse an der Software und an allen sonstigen immaterialgüterrechtlich geschützten Ergebnissen des freien Mitarbeiters erhält, die dieser im Rahmen der Projektarbeit erbringt. Hinweise zu Arbeitsverträgen befinden sich im Kapitel "Arbeitsrecht".
2. Rechtliche Grundlagen
a) Abgrenzung von freien Mitarbeitern und Arbeitnehmern
Rz. 11
Softwareentwicklung kann vor dem Hintergrund der komplexen Anforderungen an die Software häufig nicht von einzelnen Personen erbracht werden, sondern bedarf des Zusammenwirkens mehrerer. Auftraggeber im Bereich der Softwareentwicklung versuchen daher vielfach, die Auftragnehmer in unterschiedlichem Umfang in bestimmte Entwicklungsstrukturen einzugliedern. In diesen Fällen kann problematisch sein, ob es sich überhaupt noch um eine freie Mitarbeit handelt oder aber bereits um ein Arbeitsverhältnis. Dies ist bei der Ausgestaltung der Verträge stets zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Abgrenzung ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit, insb. die Eingliederung in die Arbeitsorganisation und der Umfang des Weisungsrechts: Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Besteht hingegen nur ein projekt- und sachbezogenes, ergebnisorientiertes Weisungsrecht gem. § 645 Abs. 1 BGB, fehlt es an der für ein Arbeitsverhältnis erforderlichen Personalhoheit des Arbeitgebers. Zu beachten ist allerdings, dass Selbstständige, die zwar nicht persönlich, jedoch wirtschaftlich von einem Auftraggeber abhängig sind, als arbeitnehmerähnliche Personen einzustufen sind.
b) Vertragsrechtliche Überlegungen
Rz. 12
Bei Einbindung des freien Mitarbeiters in ein Gesamtprojekt schuldet dieser in der Regel eine Dienstleistung. Damit liegt allerdings nicht zwingend ein Dienstvertrag vor, da auch diese Dienstleistung Gegenstand eines Werkvertrags sein kann, sofern deren Erfolg geschuldet wird, § 631 Abs. 2 BGB. Für die vertragstypologische Einordnung ist daher entscheidend, ob der freie Mitarbeiter ein für eine bestimmte Projektphase typisches Leistungsergebnis schuldet, wie z.B. bestimmte einzelne Softwaremodule, aber auch das Pflichtenheft oder eine Dokumentation. Der folgende Vertrag ist als Rahmen-Werkvertrag ausgestaltet, wobei es für die Zuordnung zum Werkvertragsrecht auch darauf ankommt, dass die Einzelaufträge werkvertraglichen Charakter haben, da sonst das gesamte Vertragsverhältnis als reiner Dienstvertrag qualifiziert werden kann. Auch agile Entwicklungsverträge werden in der Regel als Werkverträge angesehen.
c) Rechte am Auftragsergebnis
Rz. 13
Anders als bei Arbeitnehmerwerken, bei denen der Arbeitgeber umfassende, ausschließliche Nutzungsrechte an den in Wahrnehmung der arbeitsvertraglichen Aufgaben erstellten Computerprogrammen erhält, soweit nichts anderes vereinbart wurde (§ 69b UrhG), kennt das deutsche Urheberrecht keine umfassende gesetzliche Lizenz des Auftraggebers an Auftragnehmerwerken. Nicht unproblematisch dürften auch die vertragliche Vereinbarung einer pauschalen Übertragung der "Rechte gem. § 69b UrhG" oder die Vereinbarung einer "sinngemäßen Geltung von § 69b UrhG" sein; hier sollten ergänzende Erläuterungen im Vertragstext erfolgen. Entsprechendes gilt für einen pauschalen Verweis auf § 69c UrhG mit der Bestimmung, die dort genannten Handlungen stünden dem Auftraggeber in der Form ausschließlicher Rechte zu. Denn auf die Rechtsübertragung durch den freien Mitarbeiter findet über § 69a Abs. 4 UrhG die allgemeine Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG Anwendung, und diese bestimmt, dass der Umfang der Rechte durch den Vertragszweck beschränkt wird, soweit die einzuräumenden Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet werden. Die Nutzungsrechtseinräumung und ihr Umfang sind daher möglichst exakt auszuformulieren.