Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
Rz. 6
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll sich die streitige Verhandlung vor der Kammer unmittelbar an die erfolglose Güteverhandlung anschließen. Dies ergibt sich aus § 61a Abs. 3 ArbGG.
Rz. 7
Praxishinweis
Diese Vorstellung ist angesichts des praktisch gegebenen und vom Gesetz in § 61a Abs. 4 ArbGG auch anerkannten Erfordernisses einer schriftsätzlichen Vorbereitung der Kammerverhandlung realitätsfern. Dies gilt umso mehr, als § 47 Abs. 2 ArbGG besagt, dass bei der Zustellung der Klage eine Aufforderung an den Beklagten, sich auf die Klage schriftlich zu äußern, in der Regel nicht erfolgt. Deswegen findet in aller Regel eine Güteverhandlung vor dem Vorsitzenden statt. Können sich die Parteien nicht in der Güteverhandlung einigen und wird der Rechtsstreit nicht anderweitig, etwa durch Klagerücknahme oder Anerkenntnis, einer Erledigung zugeführt, bestimmt der Vorsitzende einen Termin zur streitigen Verhandlung vor der Kammer und wird dazu die entsprechenden Auflagen erteilen. Eine Güteverhandlung vor dem Vorsitzenden mit sich unmittelbar daran anschließender Verhandlung vor der Kammer wird allenfalls dann in Betracht kommen, wenn eine Partei oder beide Parteien von weit her anreisen müssen und der Streitstoff so ist, dass kaum in der Güteverhandlung mit einer Einigung der Parteien zu rechnen ist.
Rz. 8
Die besondere Prozessförderungspflicht in Kündigungsverfahren gem. § 61a ArbGG erstreckt sich auf die Ansprüche, die zusammen mit einer Bestandsstreitigkeit geltend gemacht werden, wie z.B. die Klagerweiterung auf Vergütungszahlung, auf Weiterbeschäftigung und Zeugniserteilung.
Von der besonderen Prozessförderungspflicht nicht erfasst werden Rechtsstreitigkeiten darüber, ob früher einmal zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Ebenso nicht erfasst werden Rechtsstreitigkeiten, in denen das Arbeitsverhältnis unstreitig noch besteht.
I. Aufforderung zur Klageerwiderung binnen einer angemessenen Frist
Rz. 9
Gerade im Hinblick auf die Möglichkeit, verspätetes Vorbringen gem. § 61a Abs. 5 ArbGG zurückzuweisen, stellt sich die Frage, wie konkret die Auflage des Vorsitzenden zur Vorbereitung der streitigen Verhandlung sein muss. Während Germelmann die Auffassung vertritt, die Auflage des Vorsitzenden müsse, wenn die Verspätungsfolge des Abs. 5 eintreten solle, konkret gestaltet sein, wird diese Auffassung von anderen Autoren nicht geteilt. Eine für alle Fälle allgemein gültige Regel lässt sich nicht aufstellen. Hat der Beklagte nicht oder nicht ausreichend Stellung genommen, ist die Aufforderung des Vorsitzenden zur Klageerwiderung unter Beweisantritt im Einzelnen binnen einer bestimmten Frist ausreichend, um die Verspätungsfolge des § 61a Abs. 5 ArbGG auslösen zu können. Sind die klärungsbedürftigen Punkte für den Vorsitzenden bei Auflagenerteilung erkennbar, dann muss er dem Beklagten eine präzise Auflage erteilen, wenn die Klageerwiderungsfrist präkludierende Wirkung haben soll. Auch im Rahmen der Vorbereitungsmaßnahmen ist die Grenze zur unstatthaften Amtsermittlung und zur Parteilichkeit stets zu beachten. Jeder eine Seite begünstigende Hinweis erweist sich als belastend für die Gegenseite. Die Aufforderung zur Ergänzung und Erläuterung an eine Partei muss immer einen konkreten Anknüpfungspunkt im bisherigen Vorbringen der Partei haben.
II. Auflage an den Kläger
Rz. 10
Im Hinblick auf die abgestufte Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess ist die Notwendigkeit einer Replik die Regel, sodass es regelmäßig zur entsprechenden Auflage an den Kläger zur Vorbereitung der streitigen Verhandlung vor der Kammer kommt. Nur dann, wenn der Beklagte nichts Erhebliches vorgetragen hat, bedarf es keiner Replik. Dies weiß indessen der Vorsitzende bei Auflagenerteilung nicht. Auch hier lässt sich nicht von vornherein eine allgemein gültige Regel aufstellen, ob sich der Vorsitzende bei der Auflage an den Kläger mit einer allgemein gehaltenen Auflage begnügen kann oder ob er die Auflage zu konkretisieren hat. Hier gilt dasjenige, was oben (siehe Rdn 9) zur Auflage an den Beklagten ausgeführt ist. Es ist nicht die Aufgabe des Vorsitzenden, dem Kläger, der die soziale Auswahl bisher nicht gerügt hat, in einer Auflage mitzuteilen, was alles vorgetragen werden müsse, um eine entsprechende Darlegungslast auf der Gegenseite entstehen zu lassen. Es ist auch nicht die Aufgabe des Vorsitzenden, einer Partei im Rahmen der Auflagenerteilung zu erklären, wie substantiiert ein Bestreiten sein muss, um erheblich zu sein. Erst dann, wenn aus dem Vortrag einer Partei erkennbar wird, auf welche Gründe sie sich zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung etwa beruft und genügt der bisherige Vortrag nicht, kommt eine ergänzende Auflage des Vorsitzenden in Betracht. Hat der Kläger mi...