Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
Rz. 11
Die Zurückweisung setzt – neben der wirksamen Fristsetzung – zunächst voraus, dass die Partei über die Folge der Fristversäumung belehrt worden ist, § 61a Abs. 6 ArbGG. Sind die Parteien anwaltlich vertreten, muss ein Hinweis auf die gesetzliche Bestimmung als ausreichend erachtet werden. Sind die Parteien hingegen nicht anwaltlich vertreten, sind sie konkret zu belehren.
Rz. 12
Eine Verzögerung liegt vor, wenn die Zulassung verspäteten Vorbringens zur Anberaumung eines weiteren Termins führte. Aber selbst bei deutlicher Fristüberschreitung darf das Gericht das Vorbringen dann nicht als verspätet zurückweisen, wenn das Gericht bis zum angesetzten Verhandlungstermin noch ausreichend Zeit hat, etwa benannte Zeugen zu laden, in Bezug genommene Urkunden anzufordern etc. Auch verspätet benannte, aber zum Termin präsentierte Zeugen sind vom Gericht zu vernehmen. Allerdings kann das Gericht, das für eine Verhandlung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand etwa eine 30-minütige Verhandlungsdauer anberaumt hat, durch die Stellung präsenter Zeugen nicht dazu gezwungen werden, die vorgesehenen 30 Minuten um mehrere Stunden zu überschreiten.
Rz. 13
Praxishinweis
Jeder Richter wird seinen Verhandlungstermin bezüglich Anzahl und Schwierigkeit so terminieren, dass er auch noch mit den Beisitzern in der Lage ist, den Streitstoff innerhalb angemessener Zeit intellektuell zu verarbeiten und richtig würdigen zu können. Die Grenzen mögen fließend sein. Bei der heutigen arbeitsgerichtlichen Termindichte ist es unzumutbar, wenn statt der vorgesehenen fünf Zeugen, die geladen worden sind, in einem weiteren Verfahren noch sieben weitere Zeugen, die präsentiert worden sind, vernommen werden sollen.
Rz. 14
Gleichwohl sollte mit der Zurückweisung verspäteten Vorbringens sorgsam umgegangen werden: Vor der Zurückweisung ist auf jeden Fall rechtliches Gehör zu gewähren.
Rz. 15
Wird die Verspätung genügend entschuldigt, ist der verspätete Vortrag zuzulassen. Als Entschuldigungsgründe kommen grundsätzlich alle Hindernisse und Umstände in Betracht, die dazu geführt haben, dass die Partei oder der Prozessbevollmächtigte nicht in der Lage waren, die Frist einzuhalten.
Rz. 16
Das Gericht entscheidet in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, ob eine eingetretene Verzögerung ausreichend entschuldigt wird. Darüber entscheidet die Kammer zugleich mit der Hauptsache. Ist Vorbringen fehlerhaft als verspätet zurückgewiesen worden, kann dies im Berufungsverfahren gerügt werden. Ist verspätetes Vorbringen vom Arbeitsgericht zu Recht zurückgewiesen worden, kann es auch im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden. Hat das Arbeitsgericht hingegen zu Unrecht verspätetes Parteivorbringen zugelassen, ist dies unanfechtbar.
Rz. 17
Praxishinweis
Das Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht ist als volle zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet. Im Gegensatz zu den für den Zivilprozess geltenden Vorschriften sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im zweiten Rechtszug grundsätzlich zu berücksichtigen und nur unter den in § 67 Abs. 1 bis Abs. 4 ArbGG normierten Voraussetzungen ausgeschlossen.
Daher kann es sich anbieten, Tatsachenvortrag "zurückzuhalten". Dies gilt für solchen Tatsachenvortrag, bei dem das Risiko besteht, dass er berechtigt als verspätet zurückgewiesen werden könnte. Ist die Zurückweisung als verspätet einmal zu Recht erfolgt, bleibt das Vorbringen auch in zweiter Instanz unberücksichtigt, § 67 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG. Wird es hingegen in zweiter Instanz erstmals als neues Vorbringen in den Rechtsstreit eingeführt, so ist es im Rahmen der – recht großzügigen – Grenzen des § 67 Abs. 1. Nr. 2–4 ArbGG im Berufungsverfahren zu berücksichtigen.