I. Endentscheidungen

 

Rz. 1

Gegen Endentscheidungen, d.h. Beschlüsse, durch die der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (§ 38 Abs. 1 FamFG), kann eine Beschwerde eingelegt werden (§§ 58 ff. FamFG). Nach § 119 Abs. 1 GVG sind die Oberlandesgerichte zuständig für Beschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte, in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen.

 

Rz. 2

Gegen die Beschwerdeentscheidung kann Rechtsbeschwerde zum BGH eingelegt werden, wenn diese zugelassen wurde. Im Familienrecht existiert keine Nichtzulassungsbeschwerde. Voraussetzung für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ist die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage.[1] Rechtsbeschwerden oder andere Rechtsbehelfe zum Bundesgerichtshof können in Familiensachen von einem Beteiligten formgerecht nur durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (§ 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG).[2]

II. Zwischen- und Nebenentscheidungen

 

Rz. 3

Zwischen- und Nebenentscheidungen sind in aller Regel nicht selbstständig anfechtbar. Ausnahmen hiervon sind im FamFG ausdrücklich geregelt. Für diese wird in der Norm auf die Vorschriften der ZPO über die sofortige Beschwerde verwiesen (§§ 567572 ZPO).

Derartige Regeln finden sich z.B. bei Maßnahmen gegen

einen Beschluss, mit dem die Hinzuziehung als Beteiligter abgelehnt wird (§ 7 FamFG), weil über die Zurückweisung eines Antrages auf Beteiligung durch Beschluss zu entscheiden ist;
einen Beschluss, mit dem ein Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 6 Abs. 2 FamFG);
einen Beschluss, mit dem Zwangsmaßnahmen angedroht werden (§ 35 Abs. 5 FamFG);
einen Beschluss im Vollstreckungsverfahren betr. eine fG-Maßnahme (§ 87 Abs. 4 FamFG).

III. Beschwerde und Verfahrenskostenhilfe

 

Rz. 4

Wird für eine Beschwerde Verfahrenskostenhilfe beantragt, sind einige Dinge besonders zu beachten.

Da über den Verfahrenskostenhilfe-Antrag regelmäßig erst nach Ablauf der Beschwerdefrist entschieden wird, muss auch regelmäßig ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden.[3] Waren die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen und erfolgversprechenden Verfahrenskostenhilfe-Antrag nicht gegeben, kann keine Wiedereinsetzung bewilligt werden.

[3] Ausführlich Bernau, NJW 2017, 2001.

1. Verbindung von Verfahrenskostenhilfe-Antrag und Beschwerde

 

Rz. 5

BGH, Beschl. v. 8.5.2019 – XII ZB 520/18[4]

Zitat

Reicht ein mittelloser Verfahrensbeteiligter innerhalb der Rechtsmittelfrist nur einen vollständigen Verfahrenskostenhilfeantrag ein, ist seine Mittellosigkeit auch dann für die versäumte Rechtsmittelfrist kausal, wenn er trotz Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und das Rechtsmittel auf eigene Kosten einlegt (im Anschluss an BGH v. 28.11.2012 – XII ZB 235/09, FamRZ 2013, 370).

BGH, Beschl. v. 17.4.2019 – XII ZB 546/18[5]

Zitat

Reicht der Rechtsmittelführer einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz ein, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, nur in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (im Anschluss an BGH v. 7.3.2012 – XII ZB 421/11, FamRZ 2012, 962 und v. 27.10.2010 – XII ZB 113/10, FamRZ 2011, 29).

 

Rz. 6

Die Einlegung eines Rechtsmittels bedingt durch Verfahrenskostenhilfebewilligung ist unzulässig. Eine Deutung, dass der Schriftsatz nur als unbedingtes Rechtsmittel bestimmt war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich entweder aus dem Schriftsatz selbst oder aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit derartiges ergibt.[6]

 

Rz. 7

BGH, Beschl. v. 29.7.2020 – XII ZB 172/18[7]

Zitat

Lässt das Beschwerdegericht in einem Verfahrenskostenhilfeverfahren die Rechtsbeschwerde zu, weil nach seiner Auffassung die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung von der Klärung einer bislang noch nicht höchstrichterlich entschiedenen klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängen, darf es dem Beschwerdeführer Verfahrenskostenhilfe auch dann nicht mangels Erfolgsaussicht versagen, wenn die Rechtsfrage seiner Auffassung nach zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden ist (im Anschluss an BGH v. 8.5.2013 – XII ZB 624/12, FamRZ 2013, 1214).

 

Rz. 8

Zulässig ist die Einreichung eines Verfahrenskostenhilfeantrages für ein beabsichtigtes Rechtsmittel. Ein solcher Antrag führt dazu, dass nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe das Rechtsmittel innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist eingelegt (nachgeholt) werden muss, wobei die gesetzlich vorgeschriebenen Formalien (Ort der Einlegung, Form, ggf. Begründung) zu wahren sind.

 

Rz. 9

 

Praxistipp:

Anträge auf Bewilligung von Verfahren...

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