Rz. 24
§ 93 SGB XII bezweckt den sozialhilferechtlichen Nachrang i.S.d. § 2 SGB XII wiederherzustellen, indem auf den Sozialhilfeträger kraft Übergangsanzeige die Ansprüche übergehen, die dem Leistungsberechtigten bzw. seinen Eltern, dem Ehe- oder Lebenspartner (bei Leistungen nach dem 5.–9. Kapitel des SGB XII) gegen einen anderen zustehen. Der Übergang erfolgt durch Verwaltungsakt. Dies gilt nicht für Ansprüche gegen einen anderen Leistungsträger i.S.d. § 12 SGB I oder einen Unterhaltsschuldner. Hinsichtlich der unterhaltsrechtlichen Ansprüche sind die Regelungen des § 94 SGB XII vorrangig.
Rz. 25
Die Überleitung geschieht durch Verwaltungsakt und bewirkt einen Gläubigerwechsel. Der Leistungsberechtigte kann über den Anspruch insoweit er übergeleitet wurde, nicht mehr verfügen. Die Übergangsanzeige lässt das Stammrecht des Anspruchs unberührt. Der Drittschuldner kann gegenüber dem ursprünglich berechtigten Leistungsempfänger die Leistung mit befreiender Wirkung erfüllen, soweit nicht bereits Leistungen durch den Träger der Sozialhilfe erbracht wurden oder in absehbarer Zeit erbracht werden. Pauschale Hinweise in Überleitungsanzeigen, wonach Leistungen für die Zukunft mit befreiender Wirkung nur an den Träger der Sozialhilfe erbracht werden können, sind unwirksam.
Rz. 26
Der Übergang nach § 93 SGB XII bewirkt, dass der Anspruch der leistungsberechtigten Person bis zur Höhe der Aufwendungen des Sozialleistungsträgers auf diesen übergeht. Für eine Übergangsanzeige muss damit die leistungsberechtigte Person selbst Anspruchsinhaber sein. Nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 S. 2 SGB XII können hinsichtlich der Höhe des überzuleitenden Anspruchs auch die Aufwendungen des Sozialhilfeträgers für den nicht getrenntlebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern in den Anspruchsübergang mit einbezogen werden. Dies hat zur Folge, dass die Gesamtleistungen des Sozialhilfeträgers an die Personen der Einstandsgemeinschaft dem Anspruch gegenübergestellt werden können. Die Überleitung ist auf die Höhe der Sozialhilfeaufwendungen begrenzt. Der Anspruch kann allerdings nur insoweit übergeleitet werden, wie er sich auf die Sozialhilfeleistung ausgewirkt hätte, wenn er rechtzeitig geleistet worden wäre.
Rz. 27
Bei dem Übergang von Ansprüchen nach § 93 SGB XII handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers. Der Träger der Sozialhilfe hat daher sowohl gegenüber dem Leistungsberechtigten als auch gegenüber dem Dritten eine ordnungsgemäße Ermessenabwägung vorzunehmen und im Verwaltungsakt zu dokumentieren. Bei der Ausübung seines Ermessens darf der Träger der Sozialhilfe im Regelfall davon ausgehen, dass die Überleitung den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe verwirklicht und daher aus fiskalischen Interessen geboten ist. Die Folgen des Auslösens einer Pflichtteilsstrafklausel sind bei der Ermessenentscheidung zu berücksichtigen, wird jedoch in der Regel nicht dazu führen, dass der Anspruch nicht nach § 93 SGB XII übergeleitet und durchgesetzt wird.