1. Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII
Rz. 20
Die Leistungen nach dem SGB XII umfassen die Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27–40 SGB XII), die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41–46b SGB XII) sowie die sogenannten Hilfen in speziellen Lebenslagen (§§ 47–74 SGB XII). Bei den Leistungen zum Lebensunterhalt wird der Gesamtbedarf, bestehend aus Regelbedarf (§§ 27a ff. SGB XII), Mehrbedarf (§ 30 SGB XII) und Zusatzbedarf (§§ 31 ff. SGB XII), dem Einkommen und dem einsetzbaren Vermögen des Berechtigten gegenübergestellt. Die Differenz ergibt dann die Höhe der zu leistenden Hilfe.
Rz. 21
Gem. § 19 Abs. 1 SGB XII kann Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, wer seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus dem Einkommen und Vermögen, bestreiten kann. Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung richtet sich nach § 19 Abs. 2 SGB XII. Die Altersgrenzen werden in § 41 Abs. 3 SGB XII festgelegt. Der Begriff der Erwerbsminderung ist in § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI geregelt. § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII folgen dem Nettoprinzip. Dies besagt, dass Leistungen nur in der Höhe des Betrags erbracht werden, um den der Bedarf das anrechenbare Einkommen und das einzusetzende Vermögen übersteigen. Eine Ausnahme findet sich in § 19 Abs. 3 SGB XII bei den Leistungen nach dem fünften und siebten bis neunten Kapitel des SGB XII. Hier wird das Einkommen bzw. das Vermögen nur berücksichtigt, sofern es für den Betroffenen zumutbar ist (§§ 87, 88 SGB XII). Es handelt sich dabei also um eine Durchbrechung des Subsidiaritätsgrundsatzes.
2. Abgrenzung Einkommen – Vermögen
Rz. 22
Die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen erfolgt auch im SGB XII nach dem Zufluss. Danach gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Einkommen in diesem Sinne ist alles, was jemand in dem Bedarfszeitraum wertmäßig dazu erhält, während Vermögen das ist, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Mittel, die der Hilfesuchende also erst in der Bedarfszeit erhält, sind regelmäßig als Zufluss in der Bedarfszeit Einkommen. Mittel, die der Hilfesuchende früher, wenn auch erst in einer vorangegangenen Bedarfszeit, als Einkommen erhalten hat, sind, soweit sie in der aktuellen Bedarfszeit noch vorhanden sind, Vermögen. Für die Frage, wann etwas zufließt, ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, soweit nicht normativ ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt wird.
Rz. 23
Mit der Neufassung des § 35 SGB XII durch das Bürgergeld-Gesetz vom 16.12.2022 wurde zum 1.1.2024 die Einführung einer Karenzzeit von einem Jahr im SGB II auch im SGB XII übernommen. Danach sind auch nach § 35 SGB XII die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von Leistungsberechtigten für das erste Jahr des Leistungsbezuges in voller Höhe anzuerkennen.
Einmalige Einnahme aus Erbschaften, Vermächtnissen und Pflichtteilsansprüche werden von dem Einkommensbegriff ausgenommen. Sie sind im Monat des Zuflusses, wie im SGB II, auch kein Vermögen. Der Zuflussmonat kann zur Umwandlung in geschontes Vermögen verwendet werden.
3. Regress nach § 93 SGB XII
Rz. 24
§ 93 SGB XII bezweckt den sozialhilferechtlichen Nachrang i.S.d. § 2 SGB XII wiederherzustellen, indem auf den Sozialhilfeträger kraft Übergangsanzeige die Ansprüche übergehen, die dem Leistungsberechtigten bzw. seinen Eltern, dem Ehe- oder Lebenspartner (bei Leistungen nach dem 5.–9. Kapitel des SGB XII) gegen einen anderen zustehen. Der Übergang erfolgt durch Verwaltungsakt. Dies gilt nicht für Ansprüche gegen einen anderen Leistungsträger i.S.d. § 12 SGB I oder einen Unterhaltsschuldner. Hinsichtlich der unterhaltsrechtlichen Ansprüche sind die Regelungen des § 94 SGB XII vorrangig.
Rz. 25
Die Überleitung geschieht durch Verwaltungsakt und bewirkt einen Gläubigerwechsel. Der Leistungsberechtigte kann über den Anspruch insoweit er übergeleitet wurde, nicht mehr verfügen. Die Übergangsanzeige lässt das Stammrecht des Anspruchs unberührt. Der Drittschuldner kann gegenüber dem ursprünglich berechtigten Leistungsempfänger die Leistung mit befreiender Wirkung erfüllen, soweit nicht bereits Leistungen durch den Träger der Sozialhilfe erbracht wurden oder in absehbarer Zeit erbracht werden. Pauschale Hinweise in Überleitungsanzeigen, wonach Leistungen für die Zukunft mit befreiender Wirkung nur an den Träger der Sozialhilfe erbracht werden können, sind unwirksam.
Rz. 26
Der Übergang nach § 93 SGB XII bewirkt, dass der Anspruch der leistungsberechtigten Person bis zur Höhe der Aufwendungen des Sozialleistungsträgers auf diesen übergeht. Für eine Übergangsanzeige muss damit die leistungsberechtigte Person selbst Anspruchsinhaber sein. Nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 S. 2 SGB XII können hinsichtlich der Höhe des überzuleitenden Anspruchs auch die Aufwendungen des Sozialhilfeträgers für den nicht getrenntlebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern in den Ans...