Dr. Sebastian Hofert von Weiss
a) Begriff des Private Equity
Rz. 239
Der angelsächsische Begriff des Private Equity entspricht dem deutschen Begriff des Beteiligungskapitals. Private Equity ist der Oberbegriff für eine Anlageklasse, zu der Beteiligungsformen wie Venture Capital, Leveraged Buy-Outs, aber auch Mezzanine-Finanzierungen wie stille Beteiligungen gehören. Die Private Equity-Beteiligung ist eine Eigenkapitalbeteiligung, die i.d.R. nicht dauerhaft angelegt ist, sondern auf Zeit. Der Private Equity-Investor stellt dem Zielunternehmen Eigenkapital auf Zeit zur Verfügung. Ergänzt wird dies oftmals durch eine Managementberatung und -betreuung sowie die Verschaffung von Kontakten aus dem Netzwerk des Private Equity-Investors. Während börsennotierte Gesellschaften ihren Eigenkapitalbedarf i.d.R. über den Kapitalmarkt bzw. die Börse stillen, stellt Private Equity für nicht börsennotierte, insb. kleine und mittelständische Unternehmen, eine interessante alternative Möglichkeit der Eigenkapitalbeschaffung dar.
Private Equity bietet dem finanzierten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Eigenkapitalausstattung zu verbessern. Das Beteiligungskapital wird dem Unternehmen ohne bankübliche Sicherheiten auf Zeit zur Verfügung gestellt. Der Private Equity-Investor trägt entsprechend des Umfangs seines Engagements das volle unternehmerische Risiko. Regelmäßig verfolgt der Private Equity-Investor das Ziel, seinen Anteil an dem finanzierten Unternehmen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes mit Gewinn wiederzuverkaufen.
b) Formen der Private Equity-Finanzierung
Rz. 240
Private Equity-Investoren beteiligen sich an Unternehmen in unterschiedlichen Entwicklungsphasen. Investiert wird – je nach Spezialisierung der konkreten Private Equity-Gesellschaft – in verschiedene Zielunternehmen und Vorhaben. Beteiligungsgesellschaften stellen Unternehmen bspw. Eigenkapital für die folgenden Vorhaben zur Verfügung:
▪ |
Die Ausreifung und Umsetzung von innovativen Ideen in verwertbare Resultate (bis hin zum Prototyp), auf deren Basis ein Geschäftskonzept erstellt wird (Seed-Finanzierung), |
▪ |
die Gründungsphase, d.h. das betreffende Unternehmen befindet sich im Aufbau oder ist erst seit Kurzem im Geschäft und hat seine Produkte noch nicht oder nicht im größeren Umfang vermarktet (Start Up-Finanzierung), |
▪ |
die Erweiterung von Produktionskapazitäten, die Produktdiversifikation oder die Erschließung neuer Märkte (Expansionsfinanzierung), |
▪ |
die Finanzierung von Turnaround-Situationen, |
▪ |
die Finanzierung von Unternehmensübernahmen (Akquisitionsfinanzierung), |
▪ |
die Vorbereitung des Börsengangs, v.a. mit dem Ziel der Verbesserung der Eigenkapitalquote (Bridge-Finanzierung), |
▪ |
die Durchführung von MBO und/oder MBI, also Unternehmensübernahmen, bei der das bestehende Management beteiligt wird (MBO) oder ein externes Management sich in das Unternehmen einkauft (MBI). |
Rz. 241
Typischerweise werden die verschiedenen, vorstehend genannten Finanzierungsvorhaben nicht von allen Beteiligungsgesellschaften und nicht allen Marktphasen gleichermaßen unterstützt. Vielmehr gibt es unter den diversen Beteiligungsgesellschaften Spezialisierungen, d.h. bestimmte Beteiligungsgesellschaften investieren bspw. verstärkt in der Frühphase oder in Start Ups, andere wiederum investieren ausschließlich in die Übernahme bereits seit längerer Zeit bestehender Unternehmen im Wege von MBO etc. Eine Übersicht über die in Deutschland tätigen Beteiligungsgesellschaften und ihre Spezialisierungen findet sich auf der Internetseite des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK): www.bvkap.de.
c) Art der Beteiligung
Rz. 242
Wie bei der klassischen Eigenfinanzierung (s. Rdn 34 ff.) gibt es auch bei dem Private Equity-Investment verschiedene Möglichkeiten der Beteiligung des Private Equity-Investors. Das Engagement des Private Equity-Investors kann entweder bereits in der Gründungsphase erfolgen oder der Investor beteiligt sich in einer späteren Phase, indem er entweder Gesellschaftsanteile der Altgesellschafter erwirbt oder aber neue Gesellschaftsanteile aufgrund einer Kapitalerhöhung übernimmt. Oftmals erfolgt auch eine Mischform aus den verschiedenen Beteiligungsformen (Erwerb einiger Anteile von den Altgesellschaftern und Übernahme weiterer Gesellschaftsanteile im Wege einer Kapitalerhöhung).
Rz. 243
Die verschiedenen Rechte und Pflichten des Private Equity-Investors, des Unternehmens und auch der anderen Gesellschafter werden üblicherweise sowohl im Gesellschaftsvertrag des Unternehmens als auch in einem gesonderten Beteiligungsvertrag geregelt. Neben Regelungen zu bestimmten Informations- und Kontrollrechten des Private Equity-Investors, z.B. Entsenderechte für Aufsichtsratsmitglieder, monatliche oder quartalsweise Berichterstattung des Managements des Zielunternehmens etc. ist Gegenstand des Beteiligungsvertrages, insb. auch der spätere Ausstieg (Exit) des Private-Equity-Investors. Häufig finden sich daher im Beteiligungsvertrag Regelungen zur Vinkulierung (Zustimmungsvorbeha...