Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 263
Asset Backed Securities können zur Unternehmensfinanzierung eingesetzt werden, indem ein Unternehmen (Originator) einen Teil seiner Aktiva zur Deckung einer Kapitalmarktfinanzierung einsetzt. Bei Asset Backed Securities (ABS) handelt es sich um Wertpapiere oder Schuldscheine, die Zahlungsansprüche gegen eine ausschließlich zum Zweck der ABS-Transaktion gegründete Gesellschaft (Special Purpose Vehicle, "SPV") zum Gegenstand haben. Sie sind durch Vermögenswerte (assets) gedeckt (backed). Man spricht daher mit deutschen Begriffen auch von der Verbriefung von Vermögenswerten und von durch Aktiva gedeckten Wertpapieren.
a) Einsatzbereich
Rz. 264
Durch Asset Backed Securities kann der Originator nicht liquide Aktiva veräußern, indem er z.B. einen Forderungsbestand durch die Übertragung an das SPV rechtlich verselbstständigt. Der Forderungsbestand wird vom Schicksal und der Einflussnahme des Forderungsverkäufers unabhängig. Mit der Gegenleistung aus dem Forderungsverkauf, die das Unternehmen sofort und vor Fälligkeit der Forderungen erhält, erlangt das Unternehmen zusätzliche Liquidität. Es kann daraufhin bilanzentlastende Maßnahmen vornehmen. Im Vergleich zu anderen Kapitalmaßnahmen, wie etwa der Emission von Wertpapieren, Kreditaufnahme und Einlagenfinanzierung, ist diese Form der Unternehmensfinanzierung kostensparend. Da die Zweckgesellschaft durch die entsprechende Auswahl und Diversifikation der Forderungen und häufig auch durch eine Ausfallgarantie ein besseres Rating als ein Forderungsverkäufer beim echten Factoring erhält, sind die Finanzierungskosten für das Unternehmen vergleichsweise günstig. Auch Unternehmen mit niedrigeren Ratings können sich so der Vorteile des Kapitalmarktes bedienen. Die Transaktion wirkt sich auch steuerlich positiv aus, wenn die Liquidierung der Aktiva steuerrechtlich als Verkauf einzuordnen ist. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die Verlagerung des Kreditrisikos auf den Kapitalmarkt. Anfang der 2000er Jahrekonnte ein sprunghafter Anstieg von Asset Backed Securities in Deutschland verzeichnen werden. Während in Deutschland im Jahr 2004 noch Asset Backed Securities-Transaktionen mit einem Volumen von nur 6,5 Mrd. EUR durchgeführt wurden, waren es im Jahr 2005 bereits 21,66 Mrd. EUR. Nachdem jedoch diese Anlageform als Mitauslöser der Finanzkrise 2008 gilt, war das Investitionsvolumen im Jahr 2009 deutlich zurückgegangen. Seit 2010 öffnete sich der Markt langsam wieder. 2016 wurden rund 800 Mio. EUR in europäische Mittelstandsverbriefungen investiert, davon rund die Hälfte in deutsche Transaktionen. 2018 war z.B. die KfW mit Investitionen in Mittelstandsverbriefungen in Höhe von 967 Mio. EUR aktiv und beabsichtigte, sich weiter aktiv auf dem europäischen Verbriefungsmarkt zu engagieren.
Rz. 265
Für den Kapitalmarkt war lange Zeit v.a. das vermeintlich hohe Maß an Sicherheit der ABS attraktiv. Durch das Herauslösen der Forderungen aus dem Bestand des Unternehmens, die rechtliche Verselbstständigung, trägt der Anleger grds. nur das in den Forderungen des Portfolios enthaltene Kreditrisiko. Mithilfe weiterer besonderer Sicherungsmaßnahmen ist er nicht nur gegen das normale Ausfallrisiko gesichert, sondern auch gegen außergewöhnliche Ausfälle. ABS-Emissionen haben daher in der Vergangenheit oftmals höchste Ratings erhalten. So erhöhte der Originator die Bonität des Forderungsbestandes häufig z.B. durch eine Übersicherung, ein zusätzliches nachrangiges Darlehen, durch Barreserven oder Versicherungen zur Deckung eventueller Forderungsausfälle. Auf diese Weise ließen sich bspw. auch Pools von "faulen" Krediten oder Forderungen mit hohem Ausfallrisiko verbriefen. Bei der Strukturierung von ABS sind allerdings in der Vergangenheit wegen mangelnden Risikobewusstseins oder schlicht Leichtfertigkeit erhebliche Fehler gemacht worden. Diese haben letztlich maßgeblich zumindest zur Verschärfung der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 beigetragen. Der Ruf von Verbriefung hat hierunter verständlicherweise erheblich gelitten. Dabei sollte allerdings nicht verkannt werden, dass Kreditderivate nicht per se problematisch sind, sondern eine nicht risikoangemessene Strukturierung sowie deren falscher Einsatz.