Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 348
Gerät ein Unternehmen in Schieflage, das einen nennenswerten Teil seiner Finanzierung über Gesellschafterdarlehen erhält, liegt es nahe, eine (drohende) bilanzielle Überschuldung durch Umwandlung der bestehenden Verbindlichkeiten in Eigenkapital zu versuchen. Die Durchführung eines solchen Debt Equity Swaps führt allerdings entweder durch Konfusion oder durch Verzicht auf Forderungen zu einem entsprechenden Sanierungsgewinn.
Nach einem Beschluss des BFH führt dabei der Forderungsverzicht durch einen Gesellschafter zu einer verdeckten Einlage i.H.d. Teils der Forderung, der im Verzichtszeitpunkt noch werthaltig ist. Maßgeblich ist der Teilwert i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG. I.Ü. führt der Verzicht zu einem Gewinn. Problematisch ist dabei, dass der Sanierungsgewinn, soweit er nicht durch Verlustverrechnungen neutralisiert werden kann, ertragssteuerpflichtig ist. Insb. wegen der Beschränkung des Verlustrücktrags nach § 10d Abs. 1 EStG und der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG stehen Verluste nur eingeschränkt zur Minderung eines Sanierungsgewinns zur Verfügung. Die im Rahmen eines Debt Equity Swaps so entstehenden steuerpflichtigen Sanierungsgewinne können zwar ggf. privilegiert behandelt werden, allerdings handelt es sich dabei um eine reine Ermessens- und Billigkeitsentscheidung der zuständigen Finanzbehörde auf entsprechenden Antrag. Es besteht also immer die erhebliche Gefahr, dass ein zur Sanierung eines Unternehmens eingesetzter Debt Equity Swap letztlich krisenverschärfend wirkt, weil er eine ruinöse Steuerbelastung für das in Schieflage geratene Unternehmen nach sich zieht. Einen Ausweg schien hier lange der Einsatz von obligationsartigen Genussrechten in Form des sog. Debt Mezzanine Swap zu bieten.
Rz. 349
Bei Einsatz eines Debt Mezzanine Swaps zum Zwecke der Sanierung oder Bilanzstrukturverbesserung eines Unternehmens findet eine Umwandlung von Forderungen (i.d.R. wohl Darlehensansprüche) gegen die Gesellschaft in obligationsartiges Genussrechtskapital statt. Zivilrechtlich handelt es sich bei diesem Umwandlungsvorgang um eine sog. Novation (auch Schuldumschaffung oder Schuldersetzung genannt). Darunter wird die Veränderung einer Schuld mit der Folge verstanden, dass das neue Schuldverhältnis an die Stelle des alten Schuldverhältnisses tritt. Diese Rechtswirkungen treten bei der echten Novation an Erfüllungs Statt und nicht nur erfüllungshalber ein. Vereinbarungen mit dem Ziel der Novation sind daher selten, können allerdings ausdrücklich gewollt sein.
Die Umwandlung von Darlehenskapital in Genussrechtskapital zum Zwecke der Beseitigung einer bilanziellen Überschuldung oder zur Bilanzstrukturverbesserung stellt einen solchen Fall dar. Ziel der Novation ist die Neufassung der Bedingungen für die Kapitalgewährung durch die Darlehensgeber, um die Handelsbilanzstruktur zu verbessern. Hinzu kommt häufig eine Veränderung der Abrede zur Vergütung für das gewährte Kapital.
Lange Zeit galt als gesichert, dass die Schuldumschaffung die Qualität des gewährten Kapitals als Schulden i.S.v. steuerlichem Fremdkapital nicht berührt, da sie von der Novation nicht erfasst werde. Während die Novation demnach einzelne Rahmenbedingungen der Kapitalgewährung verändert und endgültig durch neue Regelungen ersetzt, schaffe sie gerade in diesem Bereich keinerlei Veränderungen. Dies liege darin begründet, dass die zu vereinbarenden Genussrechte – aufgrund ihrer Ausgestaltung als obligationsartige Genussrechte – steuerlich genauso Fremdkapital darstellen wie die bislang gewährten Darlehen.
Weil sowohl die bisherigen Darlehensverbindlichkeiten als auch die an deren Stelle tretenden obligationsartigen Genussrechte damit steuerlich als Fremdkapital eingeordnet waren, handelte es sich bei einem Debt Mezzanine Swap in der Steuerbilanz um einen Passivtausch, der keine Veränderung des Eigenkapitals der Gesellschaft zur Folge hat. Der Umwandlungsvorgang hatte daher steuerbilanziell keine Auswirkungen. Insb. entstand durch die Umwandlung der Darlehen in Genussrechtskapital im Wege der Novation kein außerordentlicher Ertrag bei der Gesellschaft, der ggf. als Sanierungsgewinn zu versteuern gewesen wäre.
Hinweis
Besonders durch eine Verwaltungsanweisung der Finanzverwaltung (OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung betreffend körperschaftsteuerliche Behandlung von Genussrechte (§ 8 KStG) v. 12.5.2016) verlor der Debt Mezzanine Swap erheblich an Attraktivität. Die Finanzverwaltung hat damit nämlich bundesweit abgestimmt betont, dass sie auch bei der steuerlichen Qualifikation der handelsrechtlichen Zuordnung folgen will. Weitere Klarheit bei der Einordnung sucht ein BMF-Schreiben zur ertragssteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital vom 23.4.2023 zu schaffen. Danach ist bei der Umwandlung einer Darlehensverbindlichkeit in ein Genussrecht i.S. anlässlich der geänderten schuldrechtlichen Vereinbarung der steuerbilanzielle Ausweis des Genussrechtskapitals anhand der im BMF-Schreiben aufgestellten Grundsätze insgesamt zu ...